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AlgOss: Ein aus Rotalgen gewonnenes Knochenaufbaumaterial

AlgOss Knochenaufbaumaterial: Seit mehr als 30 Jahren ist das von Prof. Dr. Dr. Rolf Ewers und seinem Team in Kiel entwickelte AlgOss, ein aus Rotalgen gewonnenes Hydroxylapatit-Granulat, erfolgreich im klinischen Einsatz. Das erste aus Pflanzen gewonnene Material gilt als besonders osseokonduktiv und nahezu vollständig resorbierbar.

Interview mit PD Dr. Dr. Eduard Keese, Facharzt für Mund-Kiefer-und Gesichtschirurgie

Sie nutzen AlgOss seit etwa 10 Jahren – was hat Sie damals ursächlich an dem Material interessiert?

Eduard Keese: Ich kenne Herrn Prof. Ewers seit mehr als 30 Jahren und vor allem seine Arbeiten zur Knochenregeneration. Ich habe mich in der Zeit ebenfalls wissenschaftlich an der Uni Hamburg Eppendorf mit der Knochenregeneration beschäftigt und mich letztlich klinisch und experimentell zur primären Kieferspaltosteoplastik habilitiert. Das AlgOss ist mir dann unter anderem Namen in der Praxis begegnet und wegen der Materialeigenschaften hat es meine Neugier geweckt. Es ist ein biphasisches Material und bietet damit eine Volumenkonstanz, die mir bei verschiedenen Indikationen, wie z.B. beim Sinuslift sehr vorteilhaft erschien.

Welche sind Ihre Haupt-Indikationsgebiete für das Material, und nutzen Sie die Varianten AlgOss 100 und AlgOss 20-80 unterschiedlich?

Eduard Keese: AlgOss 100 eignet sich bei Indikationen, bei denen über einen längeren Zeitraum eine Volumenstabilität gewünscht wird. AlgOss 20-80 setze ich ausschließlich für den Sinuslift ein. Alle anderen Formen der Augmentation sind bei mir mit autologem Knochen verbunden – die kleineren Defekte mit Chips aus der Knochenfalle oder dem Scraper,  und die größeren Augmentationen mit Knochenblöcken oder titanverstärkten Membranen bzw. Reoss-Gittern und autologem Knochen. Bei nahezu allen Augmentationsmaßnahmen geht es um zwei Ziele: Die knöcherne Regeneration und die Volumenkonstanz. Beim Sinuslift kann die Volumenkonstanz wegen der natürlichen Eigenschaft der Kieferhöhle, sich ein Leben lang auszudehnen, nur mit Materialien erreicht werden, die wenig bis gar nicht resorbieren. Für die knöcherne Regeneration wiederum ist die Resorption eines Materials wesentlich, damit es durch Knochen ersetzt wird. Die Eigenschaften von AlgOss 20-80 verbinden beide Aspekte, und erscheinen mir daher vor allem beim Sinuslift ideal.

Was sind Ihre klinischen Beobachtungen und auch Langzeiterfahrungen?

Eduard Keese: Wir haben AlgOss 20-80 seit 2015 bei mehr als 1500 Sinuslifts eingesetzt. Abgesehen von wenigen Einzelfällen mit Infektionen und Fistelbildungen traten keine Komplikationen auf. Die Knochenregeneration war sehr gut und die Kalzifikation auf den Kontrollröntgenbildern extrem gut zu beurteilen, da das Material im Röntgenbild nicht dominiert und die Kalzifikation nicht überlagert. In den meisten Fällen erfolgte die Implantatversorgung direkt simultan. Wir haben vor 2015 ein resorbierbares TCP eingesetzt. In einer Untersuchung unserer Fälle aus den Jahren 2005 – 2008 mit mindestens 10 Jahren Follow-Up konnten wir in mehr als 40 % der Fälle Resorptionen des Augmentats im Bereich der Implantatspitze feststellen.

Mein Eindruck nach fast 10 Jahren AlgOss 20-80 ist, dass wir dieses Problem kaum noch bzw. gar nicht mehr sehen.

Hilft ein aus Pflanzen gewonnenes Knochenaufbaumaterial bei der Patientenaufklärung in ethischer, religiöser oder weltanschaulicher Hinsicht?

Eduard Keese: Ja, weil es von Anfang an kein Thema ist, das angesprochen werden muss, egal ob der Patient zufällig Veganer sein sollte, oder seine Religion den Einsatz tierischer Materialien verbietet. Solche Gespräche führen vom Ziel weg und können sehr ausschweifend werden. Umgekehrt haben wir gelegentlich Patienten, die nach Socket Preservation mit bovinem Material mit Beschwerden aus anderen Praxen kommen und eine zweite Meinung wünschen. Wir stellen hier häufig fest, dass diese Patienten nicht ausreichend informiert wurden, und keine schriftliche Aufklärung über das Material existiert. Das Konfliktpotential ist dann riesig, der Vertrauensverlust kaum auszugleichen, und das Ziel Implantatversorgung und neuer Zahnersatz für die Vorbehandler verloren.

Herzliches Danke für das Gespräch.