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iMVZ Finanzinvestoren – eine Nachschau

iMVZ Finanzinvestoren: 2018 befasste ich mich in zwei Beiträgen für pip mit dem Kauf von Zahnarztpraxen durch Finanzinvestoren. Die von ihnen gegründeten Medizinischen Versorgungszentren werden heute als iMVZ abgekürzt.

Seit Jahren wird darum gestritten, ob iMVZ eine Gefahr für das System der gesetzlichen Krankenversicherung im Allgemeinen und die Patientenversorgung im Besonderen sind. Für den zahnärztlichen Bereich wurde diese Gefahr u.a. aus anscheinend erhöhten Abrechnungsfallwerten gegenüber „normalen“ Praxen abgeleitet. Dabei lautet das Standardargument für Abrechnungsfortbildungen, die Praxen würden aus Unwissenheit zu viel Honorar verschenken. iMVZ sind Bestandteil größerer Strukturen. Da darf man erwarten, dass die Abrechnung beherrscht wird.

Die zweite Sorge um die Qualität der Patientenbehandlung hat sich nach einer jüngst erschienenen Untersuchung von BZÄK und KZBV nicht bestätigt. Es hätte auch verwundert. Warum sollten die Zahnärzte anders behandeln? Welcher Zahnarzt lässt sich von einem Nichtzahnarzt ernsthaft inhaltliche Behandlungsvorgaben machen? Es gibt keinen Grund, Zahnärzten solch fremdnütziges Verhalten in großem Stil zu unterstellen.

Die Warnungen vor iMVZ haben den Blick auf die Probleme verstellt, die auf Zahnärzte zukommen, welche Angebote von Finanzinvestoren erhalten. Oft drängt sich mir in Beratungsgesprächen der Eindruck auf, die vielen Zahlen und Begriffe, mit denen in der Akquise für iMVZ um sich geworfen wird, wirken euphorisierend, wo Nüchternheit geboten wäre. Multiples (Unternehmensbewertung) sind nur die eine Seite der Medaille. Sie taugen noch nicht einmal zum Angebotsvergleich. Alle Angebote gehen von einer Anstellung des bisherigen Inhabers für drei bis fünf Jahre aus.

Man muss eine Gesamtschau der Konditionen vornehmen und diese durchrechnen, um zu erkennen, was ein Kaufangebot tatsächlich wert ist.

Die Feinheiten der Angebote haben es heutzutage in sich. Meist wird auch eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung an der MVZ GmbH für eine gewisse Zeit verlangt. Wie sich das auf die Steuerermäßigung nach § 16 Abs. 3 EStG auswirkt, ist offen. Die Steuerberater sehen das unterschiedlich, gefestigte Steuerrechtsprechung dürfte es noch auf Jahre hinaus nicht geben. Steuerliche Fragestellungen beim Verkauf werden meist erst durch die dem Verkauf nachfolgende Betriebsprüfung aufgeworfen. Bis der Bundesfinanzhof den Fall entscheidet, vergeht oft mehr als eine Dekade seit dem Verkauf. Der spätere Verkauf der GmbH-Anteile hat es auch in sich, weil je nach Fallgestaltung eine Haltefrist von sieben Jahren zu beachten ist.

Auch die Zielvereinbarungen, die in der einen oder anderen Form mittlerweile fast immer gefordert werden, haben es in sich. Der EBITDA (engl.: Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization) einer Personengesellschaft berechnet sich nach anderen Grundsätzen als der EBITDA einer Kapitalgesellschaft. Da erstere idR ihre Steuererklärungen auf der Basis einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung macht, letztere aber eine Bilanz erstellen muss, bilden die Zahlenwerte der bisherigen Praxis und der neuen GmbH unverändert gegenübergestellt einen Vergleich von Äpfeln mit Birnen. Es ist aufwendig, die EBITDA-Berechnung der Personengesellschaft für die Veränderungsbetrachtung nach Verkauf fortzuschreiben, aber notwendig.

Ständige Diskussionen ergeben sich auch bei den geforderten Garantien. Die Investorenkäufer führen alle eine sog. Due Diligence-Prüfung (DD) durch, manchmal sehr strukturiert getrennt nach legal, tax und technical unterschieden, wollen sich aber die Ergebnisse der DD dennoch verschuldensunabhängig garantieren lassen. Wozu macht man eine DD, wenn man deren Ergebnissen nicht trauen mag?

Die Erfahrungen mit der praktischen Zusammenarbeit im iMVZ nach dem Verkauf sind sehr heterogen. Der abgebende Zahnarzt wird idR GmbH-Geschäftsführer. Das ist angesichts der großen Verantwortung, die ein GmbH-Geschäftsführer trägt, nicht per se eine gute Idee. Wer kennt sich z.B. schon mit den Prüfpflichten beim Cashpooling aus und will diese erfüllen.

Also: Beratung ist mehr denn je angesagt – und nicht heureka.

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