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Implantatoberflächen

Die Reaktion der periimplantären Weich- und Hartgewebe und die Osseointegration von Implantaten sind in hohem Maße abhängig von den chemischen, physikalischen, mechanischen und topografischen Eigenschaften der Implantatoberflächen. Die biomechanischen Eigenschaften von Implantatoberflächen können additiv durch Beschichtungen, subtraktiv durch z. B. Sandstrahlung, Säureätzung oder Laservorbehandlung sowie mittels chemischer Anreicherung, der Materialauswahl oder bestimmter Reinigungsverfahren entsprechend beeinflusst werden, um die frühe Osseointegration und die Prognose der Implantate positiv zu beeinflussen. Zu diesem Thema liegen mehrheitlich tierexperimentelle Studien und In vitro-Experimente und somit Publikationen der Grundlagenforschung vor. Humanstudien stehen in viel geringerer Zahl zur Verfügung. Daher basieren u. a. viele der hier präsentierten systematischen Übersichtsarbeiten und Metaanalysen auf Erkenntnissen aus Tier- oder/und In vitro-Studien.

Die Mehrheit der hier präsentierten Studien befasst sich mit der Makro- und Mikrorauigkeit der Implantatoberfläche und ihrem Einfluss auf die knöcherne Integration und Remodellation. Neben den Parametern Knochen-Implantat-Kontakt (BIC) und krestaler Knochenverlust, sind die Plaqueakkumulation und das periimplantäre Weichgewebsverhalten sowie die Implantatverlustraten weitere wichtige Parameter. In verschiedenen randomisiert kontrollierten klinischen Humanstudien (RCT) konnten keine Unterschiede zwischen glatten und rauen Implantatoberflächen im Hinblick auf Implantatverlustraten oder krestale Knochenverluste ermittelt werden [Cannizzaro, et al., 2016, Cannizzaro, et al., 2017]. Mehrere Übersichtsarbeiten zu In vitro- und In vivo-Studien [Pachauri, et al., 2014, Saghiri, et al., 2016] bzw. Humanstudien [Barfeie, et al., 2015] konnten jedoch zeigen, dass mit einer Steigerung der Rauigkeit der Implantatoberfläche gleichzeitig ein besserer BIC und somit eine verbesserte Osseointegration vorzufinden ist. Interessanterweise konnten die Autoren des derzeit noch gültigen Cochrane-Reviews zum Einfluss des Implantatdesigns keine Vorteile einer rauen im Vergleich zu einer maschinierten Implantatoberfläche erkennen. Bei den Implantatverlustraten waren keine signifikanten Unterschiede feststellbar und in Bezug auf das Periimplantitisrisiko war dieses bei Implantaten mit maschinierter Oberfläche gegenüber Implantaten mit rauer Oberfläche um 20,0 % reduziert [Esposito, et al., 2014].

In einer Metaanalyse wurde andererseits festgestellt, dass sich eine steigende Oberflächenrauigkeit negativ auf die Reaktion des periimplantären Knochens auswirkt. Mikroraue Oberflächen führten im Vergleich zu moderat bzw. stark rauen Oberflächen zu geringeren krestalen Knochenverlusten [Doornewaard, et al., 2017]. In einer RCT konnte beobachtet werden, dass bei sogenannten „Hybridimplantaten“ mit rauer Oberfläche im Bereich des Implantatkörpers und einer geringeren Rauigkeit im Halsbereich nach einer drei- und zwölfmonatigen Beobachtungsphase in beiden Untersuchungsgruppen keine Implantatverluste und keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf den mittleren krestalen Knochenverlust zu beobachten waren [Glibert, et al., 2018]. In einer weiteren RCT hingegen wurde bei Implantaten mit einer laserbearbeiteten, mikrostrukturierten Oberfläche am Implantathals nach einem Jahr unter funktioneller Belastung eine geringere Plaqueanhaftung sowie ein signifikant niedrigerer krestaler Knochenverlust als bei Implantaten mit einer maschinierten Oberfläche im Halsbereich beobachtet [Guarnieri, et al., 2016]. Dieses Ergebnis wird durch die Erkenntnisse einer systematischen Übersichtsarbeit bestätigt. Dort konnte bei einer lasermikrostrukturierten Oberfläche am Implantathals im Vergleich zu maschinierten Oberflächen ein signifikant geringerer Knochenverlust ermittelt werden. Zwischen Implantaten mit rauer Oberfläche und Lasermikrostruktur wiederum waren keine Unterschiede erkennbar [Chen, et al., 2017].

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen die Autoren gleich mehrerer weiterer systematischer Reviews. Dort waren bei Implantaten mit einem Mikrogewindedesign bzw. einer rauen Oberfläche am Implantathals ebenfalls signifikant geringere periimplantäre Knochenverluste als bei Implantaten mit einer glatten Oberfläche zu beobachten [Al-Thobity, et al., 2017, Koodaryan und Hafezeqoran, 2016, Niu, et al., 2017]. Die Benetzbarkeit der Implantatoberfläche scheint ebenfalls ein großer Einflussfaktor zu sein, denn bei hydrophilen Oberflächen konnte eine verbesserte Angiogenese und Osseointegration festgestellt werden [Saghiri, et al., 2016]. Zu einem gegenteiligen Ergebnis kommen jedoch die Autoren anderer Übersichtsarbeiten, in welchen Implantate mit einer konventionell sandgestrahlten/säuregeätzten (SLA) Oberfläche mit modifizierten, hydrophilen SLActive-Oberflächen verglichen wurden. Dort konnte weder bei der Implantatstabilität [Markovic, et al., 2017], noch bei den Überlebensraten sowie klinischen Parametern [Chambrone, et al., 2015] ein signifikanter Vorteil der hydrophilen Oberfläche ermittelt werden. Weitere Möglichkeiten zur Verbesserung der periimplantären Knochenneubildung sind osteogene (Nano-) Beschichtungen/Funktionalisierungen mit unterschiedlichen Materialien bzw. Agenzien sowie Bestrahlungen der Implantatoberfläche. Eine Funktionalisierung mittels Hydroxylapatit [Bral und Mommaerts, 2016, Javed, et al., 2014, Yazdani, et al., 2018] kann zu einer Verbesserung der Osseointegration von Implantaten führen. Beschichtungen mit Strontium [Shi, et al., 2017], Zink [Kellesarian, et al., 2017] und Magnesium/Zink [Kang, et al., 2018] führten als Bestandteil der Implantatoberfläche ebenfalls zu einer verbesserten Osseointegration. Nanobeschichtungen sind relativ neue Verfahren, die ebenfalls zu einer Verbesserung der Weich- und Hartgewebsintegration von Implantaten [Parnia, et al., 2017] bzw. zur Bildung biomimetischer Schichten führen [Yazdani, et al., 2018], wodurch offensichtlich ein zusätzlicher Stabilisierungseffekt erreicht wird.

Die Abgabe chemisch aktiver Substanzen aus der Implantatoberfläche in den periimplantären Knochen ist ein weiteres Verfahren, das zu einer Verbesserung der Knochenregeneration beitragen soll. Beispielsweise eignen sich Bisphosphonate offensichtlich hervorragend dazu, die Osseointegration und die Verlustraten von Titanimplantaten positiv zu beeinflussen (siehe auch pip kurz & schmerzlos 5/2018 Antiresorptiva). Weitere Möglichkeiten bieten Beschichtungen mit Bone Morphogenetic Protein (BMP) [Haimov, et al., 2017], Wachstumsfaktoren, Peptiden oder Extrazellulärer Matrix [Jenny, et al., 2016] sowie Kollagen [Kellesarian, et al., 2018]. Dies sind Verfahren, die sich mehrheitlich im Versuchsstadium befinden. Es steht fest, dass in Bezug auf die Oberflächendesigns große Fortschritte erkennbar sind. Allerdings sollte die mittel- und langfristige klinische Relevanz des Oberflächendesigns auf die Osseointegration nicht überschätzt werden, da diese von multifaktoriellen Ursachen abhängig ist [Doornewaard, et al., 2017].

Die ausführliche Ausarbeitung des Themas in der Rubrik  „kurz & schmerzlos“ finden Sie im PDF.