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aPDT – Glaubensfrage oder klinisch wirksam?

Bereits seit mehr als 15 Jahren gibt es Forschungsarbeiten und Studien zur Wirkungsweise der antimikrobiellen Photodynamischen Therapie – aPDT – und vor allem in Form des Helbo-Lasers hat die Anwendung in der Klinik eine ganze Reihe begeisterter Anwender. Prof. Dr. Andreas Braun hat sich der Studienlage eingehend angenommen.

Bild: Univ.-Prof. Dr. med. dent. Andreas Braun, Direktor der Klinik für Zahnerhaltung, Parodontologie und Präventive Zahnheilkunde der Universitätsklinik Aachen

Können Sie uns die Wirkungsweise der aPDT noch einmal kurz zusammenfassen?

Die aPDT ist eine adjuvante Therapie für alle Bereiche, in denen ich einer bakteriellen Besiedlung entgegenwirken möchte, also für die Behandlung der Parodontitis oder Periimplantitis ebenso wie in der Endodontie, der Alveolendesinfektion, bei Knochennekrosen, Schleimhauterkrankungen oder bei der Behandlung von Karies. Zwingend sollte einer aPDT immer eine mechanische Reinigung der behandelten Region vorangehen. Nachfolgend werden die verbliebenen Mikroorganismen mit einem sogenannten Photosensibilisator eingefärbt und nach einer kurzen Einwirkzeit sowie der Entfernung überschüssigen Farbstoffs mit energiereichem Licht wie einem Laser in Kombination mit entsprechenden Lichtleitern zur farbstoffabhängigen Erzeugung von Sinugulettsauerstoff belichtet. Dieser führt zur Zerstörung der Bakterienmembran und Vernichtung pathogener Keime. 

Wie erklären Sie es sich, dass die jüngste S3-Leitlinie zur Parodontitisbehandlung keine Empfehlung zur aPDT abgeben wollte?

Das ist recht einfach zu erklären, das liegt an der Auswahl der herangezogenen Studien, die ich für eine solche Aussage für nicht ausreichend halte. Innerhalb des Reviews und der Metaanalyse von Trombelli et al aus dem Jahr 2020 wurde als Grundlage für die Empfehlung zur adjuvanten Therapie in der unterstützenden Parodontitistherapie (UPT) beispielsweise nur eine einzige Studie zur aPDT herangezogen. In dieser Studie aus 2015 hat Carvalho wiederum die aPDT vor und nicht – wie vom Hersteller empfohlen – nach der instrumentellen Reinigung eingesetzt. Beim Review und der Metaanalyse von Salvi et al. aus dem Jahr 2020 wurde zwar gezielt nach Ergebnissen der aPDT gesucht, dabei aber Laserwellenlängen, Farbstoffe und Energieeinträge unreflektiert durcheinandergeworfen. Methylenblau als Vermittlersubstanz zur Energieübertragung hat zum Beispiel ein Absorptionsmaximum bei einer Wellenlänge von 660 nm, da kann ein Laser der Wellenlänge 810 nm keine optimale Wirkung entfalten. Das heißt aber nicht, dass die aPDT generell nicht funktioniert, sondern nur, dass diese Kombination aus Farbstoff und Energieeinleitung nicht aufeinander abgestimmt sind. Ich habe selber einmal eine Studie angestoßen, mit einer Wellenlänge von 445 nm und Curcumin als Photosensibilisator zu arbeiten, was leider nicht den gewünschten Effekt erzeugt hat. Damit ist aber nur dieses Experiment in dieser Kombination gescheitert, und nicht das Prinzip der aPDT. Mit einem grünen Farbstoff und 810 nm Wellenlänge erzeugen wir wiederum einen primär photothermischen statt eines photodynamischen Prozesses, was deutlich voneinander abgegrenzt werden muss.

Die Einschlusskritierien der Studien sind also entweder wie im ersten Fall nicht korrekt oder wie im zweiten Fall einfach viel zu heterogen, um eine verbindliche Aussage treffen zu können. Bezeichnenderweise kommt die American Academy of Periodontology (AAP) in einer Veröffentlichung um Georgios Romanos als Seniorautor bei Betrachtung der Studienlage zu einem sehr viel nachvollziehbarerem Ergebnis, nämlich, dass die aktuelle Studienlage eine finale Aussage zur aPDT zum augenblicklichen Zeitpunkt nicht abschließend zulässt.

Ist nicht umso verwirrender, dass die Leitlinie zur Periimplantitis sehr wohl eine Empfehlung zur Verwendung der aPDT ausspricht? Periimplantäres Gewebe sollte eher komplexer sein als das natürliche Parodont, oder ist das zu kurz gesprungen?

Nein, durchaus nicht, und der Grund ist genau, dass die Studien in diesem Fall auf fachlicher Basis kritisch und angemessen ausgewählt waren. Hom-Lay Wang et al. zeigen zum Beispiel in einem RCT aus 2019, dass bei einer Kombination aus aufeinander abgestimmter Wellenlänge und Photosensibilitsator der Prozess der aPDT im Vergleich zur konventionellen Therapie zu einer Verbesserung der klinischen Parameter führen kann. 

Was sind also die in Ihren Augen wichtigsten Kriterien für eine wirksame Anwendung der aPDT?

Es handelt sich bei der aPDT um ein komplexes Verfahren, da sollte man nicht zu variabel mit den einzelnen Bestandteilen umgehen. Sie folgen ja auch bei anderen Therapieverfahren nicht umsonst festen Protokollen. Vielleicht verführt die Einfachheit der Anwendung dazu, die im klinischen Alltag ja durchaus ein sehr großer und erwünschter Vorteil ist. Aber man sollte sich doch an die vorgegebenen untersuchten Behandlungsabfolgen für die jeweilige Indikation halten und weder den Farbstoff noch die Energieeinleitung und Wellenlänge beliebig variieren. Das wäre dann auch meine Empfehlung für die nächste Leitlinie zu diesem Thema, denn nur dann lassen sich verlässliche Aussagen treffen. Mit Blick auf meine langjährigen Erfahrungen und sehr positiven klinischen Ergebnisse beim korrekten Einsatz der aPDT wäre ich doch sehr zuversichtlich, dass diese dann anders ausfallen dürften. 

Herzlichen Dank für Ihre Zeit und dieses Gespräch.

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