BICON: Als „eine verlässliche Therapieoption“ fasste erst kürzlich die 18. Europäische Konsensuskonferenz – EuCC – kurze, angulierte und durchmesserreduzierte Implantate in ihrem aktualisierten Leitfaden zusammen. Was darf bei den Kurzen inzwischen als ausdiskutiert gelten und gibt es Neuigkeiten?
Nur noch einmal zur Auffrischung, was verstehen wir unter kurzen und extrakurzen Implantaten?
Eckhard Maedel: Unter kurzen Implantaten verstehen wir heute Implantate mit einer intraossären Länge von unter 8 mm und einem Durchmesser von 3,75 mm. Als extra- oder ultrakurz bezeichnen wir Implantate von unter 6 mm. Ihr Einsatz galt von Anfang an zur Vermeidung von Augmentationen bei reduziertem, besonders vertikalem, Knochenangebot. Um die potenziellen Nachteile in der Stabilität durch die reduzierte Länge aufzufangen, haben wir mit einem besonderen Implantatdesign, einer speziellen Oberfläche und einem spezifischen Behandlungsprotokoll eine echte Alternative auch bei geringerer Länge des Implantatkörpers geschaffen.
Wie sieht nun aktuell die Studienlage aus?
Eckhard Maedel: Inzwischen blicken wir auf eine große Zahl klinischer Studien wie auch Metaanalysen zurück. Die jüngsten Auswertungen aus den bekanntesten Literaturdatenbanken wie Medline, Embase, Cochrane und Dimdi zeigen, dass weder bei der Entwicklung des marginalen Knochenniveaus noch bei den Erfolgsraten Unterschiede zu Behandlungsprotokollen mit Standardimplantaten und Augmentation zu verzeichnen sind. Angesichts der höheren – auch finanziellen – Belastung des Patienten, des erhöhten Risikos und der Komplikationsanfälligkeit bei augmentativen Eingriffen ist das in meinen Augen eine klare Empfehlung für den Einsatz der Kurzen.
Wo sehen Sie überhaupt noch Einschränkungen beim Einsatz der Shorties?
Eckhard Maedel: Kein auch noch so gut entwickeltes Implantat erlaubt es, grundsätzliche Risikofaktoren auszublenden. Ich würde also bei den Kurzen bei bestimmten Indikationen und Risikoprofifilen dieselbe Vorsicht walten lassen wie beim Einsatz von Standard-Implantaten. Es gibt einige Einschränkungen, denen wir bei Bicon durch das Implantatdesign und die spezielle Oberfläche bereits erfolgreich begegnet sind: So sollten Kurze keine maschinierte Oberfläche besitzen und auf oder unter Knochenniveau nur eines mit konischem Abutmentdesign verwendet werden. Kurze und extrakurze Implantate sollten, wenn möglich, nicht mit Teleskopen verwendet werden. Falls eine Teleskopversorgung unvermeidbar ist, sollte darauf geachtet werden, dass das obere Drittel des Abutment passiviert gestaltet und das restliche Abutment konisch (5 Grad) präpariert wird. So erzielten unsere Anwender langfristig Ergebnisse. Die einzige dem Bicon Implantat selbst inne liegende Einschränkung sehe ich beim Durchmesser: Um der Biologie ausreichend Oberfläche für die Knocheneinheilung zur Verfügung zu stellen, sollte hier ein Durchmesser von 3 mm nicht unterschritten werden. Das entspricht unserem minimalsten Durchmesser.
Und: Die Zahnärzte sollten wissen, was sie tun, bzw. sich entsprechend schulen lassen – aber auch das gilt ebenso für Standardimplantate.
Wie unterstützen Sie Anwender, die sich für Ihr Konzept interessieren?
Eckhard Maedel: Hier haben wir – und nicht erst seit der Pandemie – eine ganz lange Tradition der Vor-Ort-Supervisionen und -Hospitationen. Wir haben eine ganze Reihe regionaler spezialisierter Partnerpraxen, in denen die Interessenten recht formlos hospitieren können. Ebenso können Patienten unter der Supervision eines unserer Spezialisten in der eigenen Praxis behandelt werden. Auch Prof. Mauro Marincola selbst, den viele aus Vorträgen und Table Clinics auf internationalen Kongressen kennen, steht dafür zur Verfügung. Die Lernkurve bei den Kurzen ist dann erfahrungsgemäß schnell ansteigend. Ihre Leser können mich gern persönlich ansprechen.
Sie waren als eines der ersten extrakurzen Implantate am Markt – auf welche Geschichte blicken Sie zurück?
Eckhard Maedel: Bereits 1968 begann die Reise für Thomas Driskell, der dieses Implantat nicht aus ‚Marketingzwecken‘ entwickelt hat, sondern viele wissenschaftliche Grundlagen studiert hatte. Das ‚schraubenlose Plateaudesign‘ basiert auf den Gesetzen von Julius Wolffs ‚Transformation des Knochens‘. 1985 hatte eine Gruppe von Anwendern die Firma Bicon – Boston Implant Consortium – gegründet. Da der Eigentümer selbst Zahnarzt ist, werden alle Komponenten aus der Anwendersicht entwickelt und mittlerweile ist das System voll digital und alle aktuellen Komponenten wie Multi Unit Abutments oder Locator Abutments sind kompatibel mit den Implantaten, die vor 40 Jahren entwickelt wurden.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Maedel.