Wo stehen wir in Sachen Keramikimplantate? Welche Lösungen gibt es für zahnlose Patient:innen? Wo liegt die Zukunft der Implantologie? Über diese und andere aktuelle Fragen haben wir mit Prof. Dr. Dr. Eik Schiegnitz, Sektionsleiter Implantologie & Augmentationschirurgie, Facharzt für MKG-Chirurgie sowie Fachzahnarzt für Oralchirurgie an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, gesprochen.
Interview mit Prof. Dr. Dr. Eik Schiegnitz
Herr Prof. Schiegnitz, lassen Sie uns Ihnen zunächst zur Verleihung des Professortitels gratulieren. Es ist sehr zu begrüßen, dass die MKG-Abteilung der Uni Mainz sich wissenschaftlich mit dem Thema Keramikimplantate auseinandersetzt. Warum interessieren Sie sich für Zirkonoxidimplantate und was glauben Sie, können Sie an Mehrwert für Ihre Patient:innen anbieten?
Keramikimplantate sind eine spannende und sicher zukunftsträchtige Therapieoption für unsere Patient:innen. Da die wissenschaftlichen Daten zu modernen Keramikimplantaten immer fundierter werden und wir auf Patientenseite auch eine gesteigerte Nachfrage nach Keramikimplantaten sehen, ist es unser Anspruch, dieses Therapiefeld sowohl klinisch als auch wissenschaftlich auf höchstem Niveau zu bedienen.
Zusammen mit Prof. Dr. Dr. Bilal Al-Nawas und Priv.-Doz. Dr. Dr. Keyvan Sagheb machen Sie aktuell eine Fallserie zu Zeramex-Keramikimplantaten sowie Docklocs-Abutments, die zur Befestigung einer Prothese bei zahnlosen Patient:innen eingesetzt werden. Was ist der Gegenstand Ihrer Untersuchung und können Sie schon etwas darüber berichten?
Bisher gibt es sehr wenige klinische Studien zu Keramikimplantaten bei zahnlosen Patient:innen, die wissenschaftliche Datenlage ist also insuffizient. Daher evaluieren wir das klinische Outcome von vier Keramikimplantaten bei der Versorgung des zahnlosen Unterkiefers, um diese wissenschaftliche Lücke zu schließen. Ein weiterer spannender Aspekt ist dabei, dass wir Locator-Verbindungen (Docklocs-Abutments) für die prothetische Versorgung verwenden. Damit ist eine sehr preisgünstige prothetische Versorgung der Patient:innen möglich.
Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass dieses Konzept sicher vorhersagbar im Kurzzeit-Follow-Up funktioniert und die Patient:innen über einen enormen Anstieg ihrer mundgesundheitsbezogenen Lebensqualität berichten.
Sie haben Zeramex-XT-Implantate auch persönlich gesetzt. Wie beurteilen Sie das Protokoll, die chirurgischen Verfahren und das Handling des Systems?
Das Zeramex-XT-System zeichnet sich durch eine hohe Primärstabilität bei einem sehr übersichtlichen und verständlichem Bohrprotokoll sowie Handling aus. Daher sind mit diesem System auch anspruchsvolle Indikationen wie Sofortkonzepte oder die Implantation im weichen Knochen möglich.
Bei Zeramex XT handelt es sich um ein Tissue-Level-Keramikimplantat. Wo sehen Sie die Vorteile von Tissue-Level-Implantaten?
Die wissenschaftlichen Daten deuten darauf hin, dass Tissue-Level-Implantate verringerte Periimplantitis-Raten aufgrund der „biologischen Breite in der Vertikalen“ aufzeigen. Daher ist für uns das Tissue-Level-Design das Implantatdesign der Wahl, wenn es um die Versorgung im Seitenzahnbereich oder beim zahnlosen Kiefer geht.
Viele Kolleg:innen sind der Überzeugung und haben die Erfahrung gemacht, dass die Zweiteiligkeit mehr prothetische Flexibilität und zugleich eine ungestörte Einheilung bietet. Wie beurteilen Sie das Konzept der Zweiteiligkeit in Bezug auf Keramikimplantate?
Die Zweiteiligkeit bringt klare Vorteile in Bezug auf die Flexibilität der prothetischen Versorgung und lässt mehr Spielraum bei der Implantatpositionierung. Zweiteilige Systeme erweitern den Indikationsbereich von Keramikimplantaten erheblich.
Bakterien und Biofilm an Implantatoberflächen können, wenn sie nicht regelmäßig entfernt werden, zur Plaquebildung und zu periimplantären Infektionen führen, welche wiederum einen Implantatausfall als Folge haben können. Es gibt Evidenz zu einer geringeren Bakterienanlagerung sowie einer besseren biologischen Kompatibilität zwischen Zirkondioxidkeramik und periimplantärem Weichgewebe. Ist das klinisch relevant in Ihrer Erfahrung?
Die publizierten in-vitro Daten zu diesem Thema sind sehr vielversprechend und spannend. Jedoch gibt es bisher keine klinische Evidenz, dass es zu weniger biologischen Komplikationen wie einer Periimplantitis an Keramikimplantaten gegenüber Titanimplantaten kommt. Da gilt es, in Zukunft noch weitere klinische Daten zu generieren.
Viele Kolleg:innen verwenden zweiteilige Keramikimplantate u.a. in ästhetisch anspruchsvollen Indikationen und bei schwierigen Schleimhautverhältnissen. Aber gilt dies auch im Molarenbereich? Können Sie aufgrund Ihrer Erfahrungen mit Docklocs sagen, dass Prothesen auf Keramikimplantaten eine weitere Indikation sind?
Unsere eigenen Erfahrungen in Bezug auf die Versorgung von zahnlosen Patient:innen im Unterkiefer sind aktuell sehr gut, Implantatverluste liegen keine vor. Aber wir müssen betonen, dass Langzeitdaten in der Literatur fehlen. In Bezug auf die Molarenversorgung mit zweiteiligen Systemen gibt es auch klinische Studien mit mittelfristigem Follow-Up.
Wie sehen Sie die Zukunft der Implantologie in Bezug auf das Material der Implantate und Implantatdesign?
Das Thema konische Keramikimplantate ist sicher eines der ganz großen Themen in der Implantologie der Zukunft. Wir freuen uns darauf, diesen Weg klinisch und wissenschaftlich zu begleiten.
Herzlichen Dank für das interessante Gespräch.