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Mammutaufgabe DGI Leitlinien

In regelmäßigen Abständen veröffentlicht die DGI aktuell neue oder überarbeitete Leitlinien. 2021 gab es eine DGI-Leitlinienkonferenz, aus der ein Mammutwerk an Ergebnissen hervorging. Zeit für ein paar Fragen.

Interview mit Priv.-Doz. Dr. med. Dr. med. dent. Eik Schiegnitz, Schatzmeister der DGI

Die neuen und teils aktualisierten DGI Leitlinien werden nach und nach veröffentlicht. Warum war diese Menge notwendig?

Eik Schiegnitz: Es war in der Tat das bislang umfangreichste Arbeitspensum, das die Delegierten der insgesamt 18 Fachgesellschaften und Organisationen bei dieser 5. Leitlinienkonferenz der DGI bewältigen mussten. Der Grund war – wenig überraschend – die Corona-Pandemie. Diese hatte uns gezwungen, eine für das Jahr 2020 geplante Konferenz zu verschieben. Neben den vorbereiteten und üblichen vier neuen Leitlinien, die entwickelt werden sollten, hatten wir daher noch fünf weitere Leitlinien auf dem Tisch, deren Gültigkeit abgelaufen waren und die daher dringend überarbeitet werden mussten. Es war absehbar, dass sich bei diesen Leitlinien relevante Veränderungen ergeben würden. Darum wollten wir die Überarbeitung nicht weiter verzögern.

Leitlinien werden auch kritisch betrachtet. Was sind für Sie die klaren Vorteile der Leitlinien für die Kollegen in den Praxen?

Eik Schiegnitz: Leitlinien sind keine Richtlinien. Sie liefern uns einen Korridor, in dem wir uns bei therapeutischen Entscheidungen sicher bewegen können. Wir selbst sind es, die diesen Korridor auf Basis der bestverfügbaren Evidenz und unserer klinischen Expertise und Erfahrung definieren. Indem Leitlinien die Behandlungsqualität verbessern und sichern, schützen sie uns und unsere Patienten. Sie sind aber nicht in Stein gemeißelt, sondern werden regelmäßig überprüft und auf Basis neuer Erkenntnisse angepasst. Die Leitlinie zum Thema Implantate bei Diabetes mellitus ist dafür ein Beispiel. Früher war Diabetes eine Kontraindikation. Heute wissen wir, dass eine dentale Rehabilitation mit Implantaten bei Menschen mit intermediär erhöhten Blutzuckerwerten und Diabetes mellitus bei korrekter Indikationsstellung und einem risikoorientierten Vorgehen ein sicheres und vorhersagbares Verfahren darstellt.

Es wurden 2021 vier ganz neue Leitlinien erarbeitet. Was kann man von diesen erwarten?

Eik Schiegnitz: Alle diese Leitlinien der DGI behandeln wichtige Aspekte der Implantattherapie, bei denen unsere Kollegen täglich Entscheidungen treffen und Patienten beraten müssen. Sie adressieren auch Fragestellungen, bei denen oft noch Unklarheiten und Unsicherheiten bestehen. Das Thema Materialunverträglichkeiten ist ein Beispiel dafür. Wir alle betreuen Patienten, die besorgt sind, dass Implantate Allergien auslösen könnten oder Implantate für oft unspezifische Symptome und Beschwerden verantwortlich machen. Welche diagnostischen Optionen dann sinnvoll sind, beschreibt die entsprechende neue Leitlinie.

Das Leitlinien keine simple Kochbuchmedizin beschreiben, macht die Leitlinie zum Thema Implantationszeitpunkte deutlich. Sie beleuchtet sehr differenziert die Vor- und Nachteile, die es bei der Wahl des Implantationszeitpunktes zu beachten gilt.

Gab es bei den Aktualisierungen oder neu erarbeiteten Leitlinien Ergebnisse, die Sie überrascht haben?

Eik Schiegnitz: Beeindruckend war sicherlich die Aktualisierung der Leitlinie zum Thema Periimplantitis. Vom Titel abgesehen, hat die aktualisierte Version dieser Leitlinie quantitativ wie qualitativ wenig mit ihrer Vorgängerin zu tun. Zwar enthält sie mit 21 Empfehlungen nur drei mehr als die alte. Doch von diesen 21 Empfehlungen wurden 18 komplett neu formuliert. Die hohe Zahl neuer, qualitativ hochwertiger Veröffentlichungen und wissenschaftlicher Studien ist dafür die Ursache. Diese Daten hatten es erlaubt, die Effektivität alternativer und adjuvanter Verfahren zur nicht-chirurgischen Therapie der periimplantären Mukositis und der Periimplantitis sowie der chirurgischen Behandlung der Periimplantitis grundlegend neu zu bewerten. So raten die Fachleute inzwischen in 13 von 21 Empfehlungen sogar vom Einsatz bestimmter Behandlungen ab, die sich als nicht oder wenig wirksam erwiesen haben. Dies ist angesichts der möglichen Kostenersparnis für die Patienten ein wichtiges Ergebnis.

Herzliches Dankeschön für dieses Gespräch.