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Komplikationslose Wundheilung mit Heilungsboostern 

Heilungsbooster unterstützen die komplikationsfreie Wundheilung. Welche Rolle spielt dabei die vernetzte Hyaluronsäure und wo kann sie überall eingesetzt werden?

Interview mit Priv.-Doz. Dr. med. dent. Kai Fischer, Parodontologe

Warum ist eine komplikationsfreie Wundheilung ein so wichtiger Faktor?

Kai Fischer: Als Zahnärzte haben wir das große Glück, dass unser Arbeitsgebiet häufig viel verzeiht und ein hohes Heilungspotential bietet. Trotzdem ist für mich eine primäre, komplikationsfreie Heilung immer der Schlüssel zu einer erfolgreichen Regeneration von Hart- oder Weichgewebe. Auch wenn große knöcherne Augmentationen und entsprechende Röntgenbilder auf Kongressen und Fortbildungen immer großen Eindruck machen, so zählt für unsere Patienten in der Regel nur, was diese sehen können und das ist aus Sicht des Chirurgen primär das Weichgewebe.

Jede Heilungsstörung kann hier Spuren wie Narbenzüge oder Gewebsdefekte hinterlassen, welche dann aufwendig wieder korrigiert werden müssen. Eine komplikationslose Heilung ist also auch ein direkter Weg zu zufriedenen Patienten.

Warum ist der Wunsch nach ‚Heilungsboostern‘ und ‚Biologisierung‘ so groß?

Kai Fischer: Wenn es eine höhere Chance für eine schnellere, primäre Heilung gibt, warum diese nicht nutzen? Natürlich sind Hyaluronsäure und Co. keine Wundermittel, die die Grundvoraussetzungen wie die Vorbehandlung des Patienten, ein mikrochirurgisches Konzept und Weichgewebsmanagement sowie entsprechendes Training und Erfahrung ersetzen. Heilungsbooster können aber bei der Verwendung von Biomaterialien mehr Sicherheit geben. Für mich ist zum Beispiel die Biologisierung von Weichgewebsersatzmaterialien wie dermale Matrizes klinischer Standard und in der Praxis alternativlos. Das Gleiche gilt für mich mittlerweile für komplexe Knochenaufbauten mit Ersatzmaterialien.

Was zählt für Sie zu den Heilungsboostern und Biologics in der Implantologie und Parodontologie?

Kai Fischer: Obwohl Heilungsbooster momentan ein großer Trend zu sein scheinen, ist das Thema eigentlich nicht neu, wird aber neu entdeckt. Man kann drei Gruppen unterscheiden und alle drei haben eine lange Historie: Eigenblutzentrifugate, Schmelz-Matrix-Proteine und Hyaluronsäure.

Welche aktuellen Entwicklungen in diesem Bereich verdienen Beachtung?

Kai Fischer: Interessant scheint aber zu sein, dass vernetzte Hyaluronsäure darüber hinaus auch einen mittelfristigen Effekt auf die parodontale Regeneration und die Knochenregeneration hat. Somit könnte man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: schnellere Wundheilung im Weichgewebe in den ersten Tagen und höherer Anteil an vitalem Knochen nach einigen Monaten.

Welche Vor- und Nachteile haben die verschiedenen Produkte?

Kai Fischer: In der Praxis arbeite ich mit allen drei Präparategruppen. Eigenblut wie PRF verwende ich bei der Ridge-Preservation zum Verschließen der Alveole oder Abdecken einer exponierten Membran. Die manchmal schwierige Blutentnahme und die nicht standardisierbare Qualität mit Blick auf Alter, Ernährung etc. der Patienten sind für mich hier nachteilig. Schmelz-Matrix-Proteine gehören einfach zur parodontalen Regeneration und sind bestens wissenschaftlich dokumentiert sowie klinisch erprobt, jedoch auch techniksensitiv – der OP-Situs muss einfach sauber und trocken sein, was je nach Defekt und Eingriff nicht immer realisierbar ist. Vernetzte Hyaluronsäure bietet hier Vorteile ohne echte Nachteile: einfache Verfügbarkeit, immer gleiche Qualität, unkomplizierte Applikation. Auch eine Art ‚Sticky-Bone‘ ist machbar und es handelt sich nicht um ein tierisches Produkt.

Welches Material empfehlen Sie für welche klinische Indikation?

Kai Fischer: Vernetzte Hyaluronsäure ist sehr vielseitig einsetzbar und für mich so etwas wie die ‚eierlegende Wollmilchsau‘. Die Datenlage zur Wundheilung und Anwendung in der nicht-chirurgischen und regenerativen Parodontologie sind hier sehr gut, weitere Daten zur Knochenheilung scheinen vielversprechend.

Herr Dr. Fischer, vielen Dank für Ihre Zeit.