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PA-Therapie: Gürtel und Hosenträger?!

PA-Therapie: Immer mehr etablieren sich die sogenannten „Biologics“ in der parodontalen und periimplantären Therapie. Welche dürfen als kurzfristige Heilungsbooster gelten und welche unterstützen langfristig Weich- und Hartgewebe?
 
Interview mit Priv.-Doz. Dr. med. dent. Kai Fischer, Spezialist für Parodontologie und Implantologie

Im Behandlungsstuhl landen immer wieder Patienten, die nur schlecht oder gar nicht auf die nicht- chirurgische PA-Therapie reagieren. Welche Optionen hat man dann noch?

Kai Fischer: Wichtig bei einer PA-Therapie ist die Patientencompliance, hier liegt die Wurzel vielen Übels. Knackpunkt auf Behandlerseite bleibt die restlose Entfernung des subgingivalen Biofilms, die bei geschlossener Anwendung oft nur unzureichend realisierbar ist. In unserer Praxis wenden wir das ‚Clean & Seal‘-Protokoll an, bei dem wir direkt während der Reinigung ein Hydrochlorid-basiertes Gel in die Tasche applizieren. Danach wird diese mit vernetzter Hyaluronsäure versiegelt, um den Heilungsvorgang zu verbessern und die Gewebeschrumpfung zu reduzieren. In klinischen Studien zeigen sich deutlich verbesserte Ergebnisse im Vergleich zum alleinigen Scaling u. Root Planing (SRP) sogar bis hin zum neuen parodontalen Attachment. Meist können wir die chirurgische Therapie (CPT) zum alleinigen SRP so auf ein Minimum reduzieren. Ist dennoch eine CPT notwendig, sollte idealerweise eine Regeneration erfolgen, z. B. mittels GTR-Technik oder durch sog. ‚Biologics‘ wie Schmelz-Matrix-Proteine oder Hyaluronsäure.

Was sind die Vorteile der Biologics als ‚Heilungsbooster‘?

Kai Fischer: Modisch mag die Kombi aus Gürtel und Hosenträgern ein Fauxpas sein, die Hose sitzt dennoch doppelt sicher – so ist das auch mit Biologics. Chirurgisches Feingefühl, Übung und Können sind durch nichts zu ersetzen. Kombiniert mit jenen ‚Heilungsboostern‘ und den damit erzielten beschleunigten Heilungsprozessen verringern wir ganz klar das Komplikationsrisiko postoperativ. Bei der GBR kann durch die Anmischung von vernetzter Hyaluronsäure mit KEM der beliebte ‚sticky bone‘ generiert werden. Neben der verbesserten Applikation haben wir damit eine größere Lagestabilität der Partikel und im Ergebnis einen optimalen Volumenerhalt des Augmentats. Heilungsbooster aus der Spritze haben daneben eine stets gleichbleibende Qualität und Wirkung. Die Patienten haben deutlich weniger Schmerzen und Schwellungen. Die Aufklärung ist einfach, da Hyaluronsäure (HA) aus anderen Bereichen wie Kosmetik und Orthopädie bekannt ist.

Wie ist die genaue Wirkungsweise von Hyaluronsäure in Parodontalchirurgie und PA-Therapie?

Kai Fischer: Wesentlich sind die Unterschiede bei Hyaluronsäuren herauszustellen. Meine persönlichen Erfahrungen und der Großteil der klinischen Evidenz beziehen sich auf die moderat vernetzte Variante. Hier vereinen sich die Vorteile einer natürlichen HA und deren regenerativer Potenz mit jenen der vernetzten HA und deren längeren Verweildauer in situ. So können auch langwierige Regenerationsprozesse unterstützt werden. Die wissenschaftliche Evidenz einer parodontalen Regeneration und der Knochenheilungsverbesserung ist bei der Anwendung vernetzter Hyaluronsäure inzwischen eindeutig. Vernetzte HA, also xHyA, raut die Dentinoberfläche an, damit entfallen Wurzelkonditionierung und Blutungskontrolle. Das parodontale Zellwachstum ist signifikant erhöht und histologisch wurde der Nachweis erbracht, dass xHyA zu einer parodontalen Regeneration sowie zu neuem Knochenwachstum führt.

Dies wurde chirurgisch bei der Behandlung von infraossären oder Furkationsdefekten sowie bei der nicht-chirurgischen Applikation nach SRP gezeigt. Klinisch sehen wir signifikant verbesserte Sondierungstiefen, ein verbessertes klinisches Attachment und eine geringere Blutungsneigung beim Sondieren.

Wie sind Ihre Erfahrungen zur Anwenderfreundlichkeit von vernetzter Hyaluronsäure?

Kai Fischer: Die Applikation direkt aus der Spritze ist einfach und angenehm. Das Material wird nicht weggespült, sondern trägt durch die hohe Flüssigkeitsbindung sogar zur Wundstabilisierung bei. Die vernetzte Hyaluronsäure kann bei allen chirurgischen und parodontalen Eingriffen eingesetzt werden, ohne vom gewohnten Behandlungsprotokoll abzuweichen. Wichtiger als alle Adjuvanzien bleibt aber der Behandler. Das fängt bei der Patientenselektion und der Wahl der Behandlung an und findet seine Vollendung in den OP-Techniken. Ausgedehnte hochatrophe Alveolardefekte oder Klasse-III-Furkationen bleiben auch in Zeiten der Biologics große Herausforderungen.

Vielen Dank für das interessante Gespräch.