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Kieler Sushi – Ein plasmastabilisiertes Augmentationsverfahren

Eine Fallstudie von Oliver Zernial

Autolog gewonnenes Blutplasma kristallisiert sich auch in der Zahnmedizin zunehmend als ernstzunehmende Option für verschiedenste Indikationsfragestellungen heraus. Dabei lag der Fokus in der Vergangenheit auf einer Verbesserung der Wundheilung, der Knochenqualität und der -quantität.
Das „Kieler Sushi Konzept“ hingegen ist ein eher pragmatischer Ansatz, der den Anforderungen in der Praxis gerecht werden will. So galt unser Interesse mehr der Frage: Wie formstabil bekommt man eine partikuläre Augmentation (GBR) mit Plättchenreichem Plasma (PRP)?

Als wir vor etwa fünf Jahren anfingen mit Blutplasma zu arbeiten, stellten wir fest, dass PRP nicht gleich PRP ist. So konnten wir mit der PRGF-Methode (Endoret, BTI Deutschland
GmbH) deutlich schnellere und stabilere Augmentate bauen. Ein Schlüssel hierfür scheint die Aktivierung des PRGF durch Kalziumionen zu sein, die in der Blutgerinnungskaskade den Faktor IV darstellen. Auch das Knochenersatzmaterial mit seiner Oberfläche und die richtige Handhabung während der Herstellung des Augmentats können darüber entscheiden, ob man ein stabiles Augmentat erhält oder nicht. Streng genommen ist die Anwendung von PRP in der Implantologie noch eine große „Black Box“, und die Wissenschaft wird hier noch einige Fragen beantworten müssen. Was wir jedoch aus Erfahrung heute sagen können ist: It works.

Ausgangssituation

Eine 58-jährige Patientin wurde uns von ihrem Zahnarzt zur Implantation regio 34 und 35 überwiesen. Die beiden Zähne waren in der Vergangenheit nach multiplen Wurzelspitzenresektionen verloren gegangen. Entsprechend zeigte sich uns klinisch eine fortgeschrittene horizontale Atrophie des Alveolarfortsatzes mit deutlich verändertem narbigen Weichgewebe (Abb. 1). Anhand einer digitalen Volumentomografie mit anschließender virtueller Implantatplanung verfestigte sich die Entscheidung, zunächst horizontal zu augmentieren und sekundär zu implantieren (Abb. 2).

Augmentation

Nach der Präparation eines trapezförmigen Zugangs wurde partikulärer Knochen über einen Tunnel mithilfe eines Microscrapers von der Linea obliqua gewonnen (Abb. 3). Anschließend wurde ein bovines Knochenersatzmaterial (Bio-Oss L, Geistlich) mit der Fraktion II des Blutplasmas direkt nach seiner Aktivierung mit CaCl2 vermischt und anschließend mit einer Schicht autologer Knochenspäne „beklebt“ (Abb. 4). Vor der eigentlichen Augmentation wurde das Lager mit dem Scraper aufgeraut und der Mukoperiostlappen unter Schonung des Nervus mentalis ausreichend mobilisiert. Das Augmentat war nach wenigen Minuten so stabil, dass es sicher mit der Pinzette gefasst werden konnte (Abb. 5). Auf Grund seiner Flexibilität fügte es sich problemlos der Defektmorphologie an. Anschließend wurde das Augmentat mit einer resorbierbaren Kollagenmembran (Bio-Gide, Geistlich) abgedeckt und zusätzlich mit einer weiteren Membran aus gepresstem Fibrin, gewonnen aus der Fraktion I, zur Weichgewebsunterfütterung versehen (Abb. 6). Der Wundverschluss erfolgte mit Supramid 4.0 und Resolon 6.0.

fallstudie kieler sushi
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Implantation

Wie bereits bei der Planung vorhergesehen, kam es trotz spannungsfreiem und suffizientem Wundverschluss im postoperativen Verlauf zu einer Dehiszenz, die jedoch ohne weitere Maßnahme sekundär abheilte (Abb. 7). Sechs Monate nach Augmentation wurde implantiert. Auch wenn bei der Mobilisation des Mukoperiostlappens vereinzelt noch partikuläre Bestandteile im Weichgewebe ausgemacht werden konnten, wies das Augmentat eine gute Festigkeit auf, was einer Knochenqualität von etwa D2-D3 entsprach (Abb. 8). Überzeugend waren auch die hohe Vitalität und die Volumenstabilität, obwohl auf Stabilisierungsmaßnahmen verzichtet wurde. Entsprechend zeigte sich nach erfolgreicher Implantation von zwei Camlog Promote-Implantaten bukkal deutlich mehr horizontaler Knochen als normalerweise gefordert (Abb. 9, 10). Dies ist entscheidend für eine suffiziente Stützung des Weichgewebes und eine gute Langzeitprognose.

Freilegung und prothetische Versorgung

Nach weiteren vier Monaten konnten die Implantate frei- gelegt werden (Abb. 11). Dabei wurde auf die bukkale Verdrängung der verbliebenen befestigten Gingiva geachtet, sodass eine Korrektur des Weichgewebes entfiel. Da unsere Praxis rein chirurgisch arbeitet, wurde die Patientin für die Prothetik zum überweisenden Zahnarzt (Dr. med. dent. Jürgen Garlichs, Kiel) zurückgeschickt. Auffällig ist die spontane Regeneration des Weichgewebes mit der Ausbildung von Papillen (Abb. 12). Sowohl die Gingiva als auch die Kronen sind von den benachbarten Strukturen kaum zu unterscheiden.

Langzeitergebnis

Auch wenn die Nachsorge bei uns in der Regel durch den Überweiser erfolgt, bitten wir unsere Patienten, jährlich zur Kontrolle in unsere Praxis zu kommen. Nach zwei Jahren zeigte sich uns klinisch ein absolut stabiles, reizloses und sehr zufriedenstellendes Langzeitergebnis (Abb. 13). Auch radiologisch stellte sich eine gute Konsolidierung des Augmentats dar (Abb. 14).

Schlussfolgerung

Die Stabilisierung einer partikulären GBR mit PRP stellt eine ernstzunehmende Alternative zu herkömmlichen Augmentationstechniken dar. Sie überzeugt durch eine hohe Flexibilität, kurze Eingriffszeiten, eine geringe Morbidität und gute Langzeitergebnisse. Besonders intensiv implantologisch tätigen Kollegen wird die hohe Effizienz der „Kieler Sushi Technik“ und die damit verbundene Zeitersparnis überzeugen. Dem erfahrenen Anwender eröffnen sich dabei völlig neue Perspektiven. So hat das PRP-stabilisierte Augmentat in unserer Praxis die herkömmlichen Augmentationsverfahren ersetzt, ermöglicht häufig einzeitige Vorgehensweisen und hat sich auch in schwierigen Fällen in Kombination mit z. B. allogenen Knochenblöcken bewährt.

Von entscheidender Bedeutung ist jedoch die hohe Akzeptanz seitens unserer Patienten, die auch ohne fachliches Wissen den Nutzen des PRPs erkennen und von den spürbar kürzeren Eingriffszeiten begeistert sind.

Autor

Dr. med. Oliver Zernial

Dr. med. Oliver Zernial

  • 1993-2001 Studium der Humanmedizin an den Universitäten Giessen und Kiel
  • 2003 Promotion zum Dr. med.
  • 2001-2004 Studium der Zahnmedizin 
an der Universität Kiel
  • 2004-2008 Facharztausbilung an der 
Klinik für MKG UKSH Campus Kiel
  • 2004 Anerkennung des Facharztes für 
MKG-Chirurgie
  •  2009 Niederlassung als MKG-Chirurg 
in eigener Praxis und als Belegarzt in der Ostseeklinik Kiel
  • 2011 Gründung und ärztliche Leitung des Zentrums für 
Implantologie (Myimplant), Kiefer- und ästhetische Gesichtschirurgie (Myaesthetic) in den Germania Arkaden an der Kieler Förde

info@myimplant.de
www.myimplant.de