Implantate, die gleichzeitig mit einer Augmentation platziert werden, zeigen eine hohe Überlebensrate. Durch die Auffüllung kleinerer Knochendefekte um Implantate mit Knochenersatzmaterial kann die exponierte Implantatoberfläche deutlich verkleinert und die Behandlungszeit für unsere Patienten erheblich verkürzt werden.
Barrieremembranen können das Ergebnis der Augmentation kleinerer Knochendefekte mit Knochenersatzmaterial um das Implantat noch zusätzlich verbessern [3]. Dennoch birgt das klassische Augmentationskonzept, bestehend aus langsam resorbierbarem bovinen Knochenersatzmaterial (KEM) und einer schnell resorbierenden, nativen Kollagenmembran, ein gewisses Restrisiko. So ist es häufig nicht nachvollziehbar, inwieweit durch diesen Behandlungsansatz eine vollständige Defektregeneration erzielt werden kann.
Aus der Versorgung von Extraktionsalveolen mit stärkerer knöcherner Resorption (wie etwa einer defizitären bukkalen Lamelle) ist bekannt, dass die Augmentation mit langsam resorbierendem KEM und/oder einer nativen Barrieremembran häufig nur zu einer mangelnden knöchernen Integration der Graftpartikel führt [1]. Außerdem bestehen anhand der Literatur Hinweise darauf, dass es bereits beim Wundverschluss und dem damit verbundenen Weichgewebsdruck zu einer apikalen Bewegung des Augmentats und so zu einer unvollständigen Auffüllung des Defekts kommen kann [8,7].
So zeigte eine multizentrische Untersuchung, dass Dehiszenzdefekte um Implantate, die mit einem langsam resorbierenden bovinen Knochenersatzmaterial und einer nativen Kollagenmembran augmentiert wurden, nur zu durchschnittlich 55 % in der Höhe und 70 % in der Breite aufgefüllt werden konnten [2].
Im weiteren Follow up der Patienten dieser Untersuchung zeigte sich, dass Implantate mit Restdehiszenzen von > 1 mm nach Augmentationen ein höheres Risiko für periimplantäre Erkrankungen aufweisen als Implantate ohne Restdefekt. Implantate mit knöchernen Restdefekten zeigten außerdem häufiger Weichgewebsrezessionen, welche das ästhetische Ergebnis stark kompromittieren können [11].
Aufgrund der bereits genannten möglichen Probleme haben wir unser augmentatives Konzept zur simultanen Implantation mit bukkaler Konturaugmentation folgendermaßen angepasst:
Wir verwenden grundsätzlich adjuvant vernetzte Hyaluronsäure (xHyA) als Wundheilungsbeschleuniger zur „Biologisierung“ des Augmentats. Es ist mittlerweile anhand der Literatur bekannt, dass xHyA zu einer beschleunigten Knochenheilung führt [6]. Beim Vermischen von partikulärem Knochenersatzmaterial oder autologem Knochen mit xHyA entsteht eine angenehm applizierbare und lagestabile Paste („Sticky Bone“), die vergleichbar ist mit der aus Blutzentrifugaten [1].
Darüber hinaus kann mit xHyA die Standzeit von Kollagenmembranen verlängert werden [4]. Dadurch können Augmentationen vorhersagbarer geplant und die Behandlungsdauer reduziert werden. Weniger Schwellung und reduzierte Patientenmorbidität innerhalb der für den Heilungsverlauf kritischen ersten sieben Tage sind ein angenehmer Nebeneffekt der Hyaluronsäure [12].
Anstelle eines bovinen KEM verwenden wir Knochemmaterial porcinen Ursprungs. Dieses weist aufgrund seiner größeren Porosität bei ebenfalls hoher Volumenstabilität eine deutlich höhere Umbaurate auf als die bovinen Präparate [12]. Zur Abdeckung des Augmentats setzen wir eine porcine Perikardmembran mit einem deutlich verlängerten Resorptionsprofil im Vergleich zu einer klassischen nativen Kollagenmembran ein [10], wodurch die bindegewebige Einscheidung der Graftpartikel reduziert wird.
Fallbericht
Der 37-jährige männliche Patient stellte sich erstmalig in unserer Praxis bezüglich des frakturierten Zahns 14 im Oberkiefer vor (Abb. 1, 2). Er zeigte eine unauffällige allgemeinmedizinische Anamnese. In der speziellen zahnmedizinischen Untersuchung wurden Risikofaktoren wie eine vorliegende Parodontitis und eine positive Raucheranamnese festgestellt.
Der Patient äußerte den Wusch nach der Zahnentfernung mit anschließender prothetischer Versorgung. Nach Abwägung der prothetischen Möglichkeiten sollte eine implantologische Versorgung durchgeführt werden.
Da eine mögliche apikale Infektion am frakturierten Zahn 14 nicht ausgeschlossen werden konnte, entschieden wir uns für ein zeitlich verzögertes Vorgehen. Als erster Schritt wurde der Wurzelrest unter maximalem Hart- und Weichgewebeerhalt entfernt (Abb. 3-5).
Implantatinsertion
Acht Wochen nach der Entfernung des Zahns wurde im Sinne einer verzögerten Sofortimplantation das Implantat inseriert (BL, ø 4,1 mm RC, SLA 12 mm, Roxolid, Straumann). Die Schnittführung erfolgte krestal mit einer einzigen, C-förmig verlaufenden, vertikalen Entlastungsinzision nach distal (Abb. 6). Knöchern zeigte sich bukkal ein defizitäres Knochenangebot.
Das Implantat konnte primärstabil in den vorhandenen Knochen inseriert werden (Abb. 7). Der bei der Implantatbettaufbereitung anfallende, autologe Knochen wurde gesammelt und dem Knochenersatzmaterial (Smartgraft (0,25 – 1,00 mm / 0,5cc, Regedent GmbH) beigemischt (Abb. 8). Der bestehende knöcherne Defekt wurde mittels „Sticky Bone“ augmentiert und der Defekt durch eine porcine Membran (Smartbrane 15 mm x 20 mm, Regedent GmbH) abgedeckt (Abb. 10, 11).
Der Sticky Bone wird durch das Hinzugeben von vernetzter Hyaluronsäure (hyaDENT BG, Regedent GmbH) zum Knochenersatzmaterial hergestellt und überzeugt durch eine stark erhöhte Graft-Stabilität (Abb. 9).
Anschließend wurden die Wundränder mit einer Matratzennaht adaptiert und mit Einzelknopfnähten primär verschlossen (4-0 Biotex, Regedent GmbH) (Abb. 12).
Nahtentfernung
Zum Zeitpunkt der Nahtentfernung nach sieben Tagen zeigte der Patient eine Wunddehiszenz – vermutlich aufgrund seines starken Tabakkonsums (Abb. 13). Aufgrund des sonst reizlosen, stabilen Zustands und der bereits beginnenden Granulation des exponierten Areals ohne jegliche Partikelmigration wurde auf eine chirurgische Intervention verzichtet. Der Patient wurde instruiert, eine desinfizierende Mundspüllösung zu verwenden und ein mechanisches Trauma zu vermeiden.
Die Heilung verlief gut (Abb. 14), beim 2. Kontrolltermin 14 Tage postoperativ war die Wunde vollständig verschlossen (Abb. 15).
Freilegung
Die Freilegung und das Einbringen eines Gingivaformers erfolgten nach vier Monaten (Abb. 18). Aufgrund der verzögerten Wundheilung wurde zur Kontrolle des knöchernen Ergebnisses das augmentierte Areal freigelegt. Hierfür genügte eine krestale Schnittführung, welche anschließend wieder mit zwei Einzelknopfnähten verschlossen wurde (5-0 Seralene, Serag Wiessner). Es zeigte sich ein vollständig knöchern regeneriertes Augmentat ohne Volumenverlust. Insbesondere im kritischen krestalen Aspekt konnte trotz der Dehiszenz eine ausreichende knöcherne Bedeckung des Implantats erzielt werden (Abb. 16-18). Die definitive Versorgung erfolgte fünf Monate nach der Implantation mit einer okklusal verschraubten Krone (Abb. 19-21).
Zusammenfassung
Implantate, die in Kombination mit einer Augmentation inseriert werden, weisen zwar eine hohe Überlebensrate auf, jedoch wird in der Praxis häufig keine vollständige Defektauffüllung erzielt. Dadurch wird das Risiko von periimplantären Entzündungen erhöht. Die zusätzliche Verwendung von Hyaluronsäure führt zu einer besseren Defektauffüllung, da eine höhere Stabilisierung von partikulärem Graft- Material, eine Reduktion der postoperativen Schwellung sowie eine schnellere Knochen- und Weichgewebsheilung erzielt werden.
Dr. med. dent. Alexander Müller-Busch, M.Sc.
- 2007-2008 Studium der Zahnmedizin an der Med. Universität Innsbruck
- 2009-2013 Studium der Zahnmedizin an der Julius- Maximilians-Universität Würzburg
- 2016-2018 Promotion, Master of Science in Parodontologie und Implantattherapie
- 2015-2016 Hospitationen in der MKG-Praxis Prof. Dr. Dr. Kniha und Priv.-Doz. Dr. habil., Dr. Gahlert, München
- 2014-2018 Hospitationen Prof. Dr. Fickl, Universität Würzburg
- 2016 Postgraduiertenprogramm EFP
- 2019 Hospitation Department of Periodontics and Oral Medicine,University of Michigan, School of Dentistry, Ann Arbor (Chair: Dr. W. Giannobile)
- Seit 2016 Sozius in der BAG Dres. Müller-Busch, Wildenhof, Drechsler