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Autologe Augmentationstechniken bei stark kompromittiertem Knochenlager

Eine Fallstudie von Dr. med. dent. Christopher Hermanns

Zuverlässige und vorhersagbare Ergebnisse durch Anwendung von bewährten Techniken und Materialien. Die Wiederherstellung des knöchernen Knochenlagers vor oder während einer Implantation ist eine notwendige Bedingung für einen langfristigen Erfolg. Hierzu benötigt man ein zuverlässiges Augmentationskonzept. Sowohl der Sinuslift, die Bone Splitting-Technik als auch der autologe Knochenblock sind hinreichend untersuchte und bewährte Methoden zur Augmentation. Der vorliegende Fall zeigt eine Kombination dieser Techniken mit simultaner Implantation.

Ausgangssituation

Der Patient stellte sich mit Schmerzen regio 15 in unserer Praxis vor. Der intraorale Befund zeigte eine Brückenversorgung 16/15 mit vestibulärer Schwellung und Pusaustritt regio 15. Röntgenologisch war eine Fraktur des endodontisch behandelten Brückenpfeilers 15 (Abb. 1) zu erkennen. 

Behandlungsplanung

Nach Extraktion des Zahnes 15 wurde eine Versorgung der Lücke 15/16 mit Implantaten angestrebt. Aufgrund der vorhergehenden Entzündungsprozesse regio 15 und des ausgeprägten Sinus Maxillaris regio 16 wurde der Patient über einen notwendigen Knochenaufbau und ein eventuelles zweizeitiges operatives Vorgehen aufgeklärt. Die simultane Augmentation des Sinus sowie des Kieferkamms sollte mit autologem Knochen erfolgen. Knöchern ließ sich regio 15/16 ein vestibuläres Defizit vermuten sowie in regio 16 ein Abstand zur Kieferhöhle von ca. 2,5 mm. Des Weiteren zeigte das Halbseiten-OPG mehrere Underwoodsepten in der Kieferhöhle. Aus Kostengründen sollte später auf eine Neuversorgung der Krone 17 verzichtet werden (Abb. 2-4). 

Chirurgische Maßnahme

Für den operativen Zugang wurde ein leicht nach palatinal versetzter krestaler Schnitt, eine marginale Schnittführung an den Nachbarzähnen sowie eine paramediane Entlastung am Zahn 14 gewählt. Nach Präparation des Mukoperiostlappens wurde das defizitäre Knochenlager dargestellt und eine Periostschlitzung für den spannungsfreien Wundverschluss durchgeführt. Um die benötigte Menge an autologem Knochen besser abschätzen zu können, wurde vorab der laterale Zugang zur Kieferhöhle regio 16 hergestellt.

Da das präoperative Röntgenbild mehrere Septen im Sinus zeigte, wurde das laterale Fenster entsprechend vorsichtig präpariert. Es konnte ein horizontal verlaufendes Septum dargestellt werden, das Augmentationsgebiet teilte sich somit in zwei Bereiche. Die Elevation der Schneider’schen Membran entlang des Septums erfolgte problemlos (Abb. 5). Nun wurde ein kortikospongiöser Knochenblock retromolar aus regio 48 entnommen [1].

Da in regio 15 eine Restknochenbreite von 3 mm vorlag, konnte ein simultaner Therapieansatz gewählt werden [2].
Zur Verbreiterung des Knochens wurde die Bone Splitting- Technik gewählt. Vorteil dieser Technik ist, dass selbst bei fortgeschrittener Knochenatrophie zuverlässig und sicher augmentiert und simultan implantiert werden kann [3,4]. Die Aufbereitung des Implantatlagers erfolgte mit dem Pilotbohrer und danach nonablativ mittels Bone Condenser. Auf diese Weise wurde zusätzlich regio 15 der Sinus intern geliftet. Der gewonnene autologe Knochenblock wurde entsprechend der Khoury-Technik in zwei dünne Knochenschalen geteilt [4]. Eine der Schalen wurde zu partikuliertem Knochen zerkleinert und für die Sinusaugmentation verwendet.

Die Insertion der Implantate (Camlog Screw-Line, Oberfläche Promote) erfolgte gleichzeitig mit der Sinusaugmentation. Beide Implantate wiesen eine ausreichende Primärstabilität auf (Abb. 6).

Die zweite Knochenschale wurde auf der bukkalen Knochenlamelle mit einer Osteosyntheseschraube fixiert [5] (Abb. 7). Dieses Verfahren dient der knöchernen Stabilisierung der sehr dünnen bukkalen Lamelle und wirkt somit einer möglichen Resorption entgegen. Die restlichen Knochenspäne wurden um den Knochenblock drapiert, ein Auffüllen des entstandenen Hohlraums zwischen der bukkalen und palatinalen Knochenwand war nicht notwendig [6]. Der spannungsfreie Wundverschluss erfolgte mit einer fortlaufenden Naht (Serapid 4-0), postoperativ wurde eine Röntgenkontrolle durchgeführt (Abb. 8). Der Patient wurde für fünf Tage mit Amoxicillin 1.000 mg antibiotisch abgeschirmt.

Nach einer Heilungszeit von drei Monaten konnte die Freilegung der Implantate erfolgen (Abb. 9). Hierzu wurde ein ca. ein Millimeter nach palatinal versetzter, krestaler Schnitt gemacht und ein Mukoperiostlappen soweit nach vestibulär mobilisiert, dass die Knochenfixierungsschraube problemlos entfernt werden konnte. Es zeigte sich eine vollständige Reossifikation des Splitting-Hohlraums.

Die durch Bone Splitting gewonnene Breite des Kieferkamms konnte durch die vestibuläre Verschraubung der Knochenschale vollständig erhalten werden. Es kam zu keiner Resorption. Die Implantate zeigten sich vollständig osseointegriert (Abb. 10). Zur Ausformung des Emergenzprofils wurden Wide-Body-Gingivaformer genutzt (Abb. 11). Nach Erreichen von stabilen Gingivaverhältnissen wurde eine offene Abformung der Implantate durchgeführt (Impregum). Das Dentallabor stellte die zementierbaren Metallkeramikkronen auf Titanabutments her und wurde in diesem Fall angewiesen die Kronen zu verblocken.

Die Kronen konnten zwei Wochen nach Abformung problemlos eingegliedert werden (Abb. 12-14). Die Passung der Kronen sowie Zementüberschüsse wurden mittels Zahnfilm überprüft (Abb. 15). Nach 14 Tagen wurden die Okklusion und die gingivalen Verhältnisse überprüft.

1. Ausgangssituation im Einzelröntgen. Wurzelfraktur des Zahnes 15 und periradikuläre Osteolyse.

2. Situation intraoral drei Monate nach Extraktion des Zahnes 15.

3. Entzündungsfreie gingivale Verhältnisse ein Vierteljahr nach Extraktion.

4. Die präoperative Röntgenaufnahme zeigt einen ausgedehnten und septierten Sinus maxillaris.

5. Präparierter Zugang zum Sinus mit Darstellung des schräg verlaufenden Septums sowie Spreizung des Kieferkamms.

6. Achsgerechte Insertion der Implantate und Auffüllen des Hohl- raums mit autologen Knochenpartikeln.

7. Fixation der bukkalen Knochenschale mittels einer Osteosynthese- schraube.

8. Postoperatives Röntgenbild.

10. Freilegung der Implantate und Darstellung des aufmontierten Knochenlagers.

10. Freilegung der Implantate und Darstellung des aufmontierten Knochenlagers.

11. Zustand nach Einbringen der Gingivaformer.

12. Abgeheilte gingivale Verhältnisse bei Einbringung der Abutments.

13. Einsetzen der verblockten Metallkeramikkronen von okklusal …

14. … und vestibulär.

15. Kontrollbild nach definitivem Einsetzen der Kronen bzgl. Zementreste und Passgenauigkeit.

Fazit

In dem vorliegenden Patientenfall wurden mehrere Augmentationstechniken mit dem Vorteil einer geringeren Behandlungsdauer miteinander kombiniert. Der externe Sinuslift, die Bone Splitting, sowie die Knochenschalen-Technik stellen im Einzelnen zuverlässige und vorhersagbare Augmentationsmethoden dar. Der autologe Knochen zeigt sich in klinischen Langzeitstudien weiterhin als Goldstandard. Bei stark kompromittiertem Knochenlager insbesondere bei vestibulären Defekten des Alveolarfortsatzes ist es meist notwendig in einem ersten Eingriff das Implantatlager zu verbreitern. Dies kann z. B. durch einen autologen Knochenblock erfolgen.

Vorteil des Bone Splitting war hier eine Kombination der Augmentation und simultanen Implantatinsertion in einem operativen Eingriff. Bei der klassischen Bone Splitting-Technik besteht das Risiko, dass die sehr dünne bukkale Knochenlamelle resorbiert und es zu einem periimplantären Knochenverlust kommt. Das Verschrauben der autologen Knochenschale stellt somit eine Modifikation der klassischen Bone Splitting-Technik dar und vermindert gleichzeitig das Risiko der Resorption.

Vitaler Eigenknochen hat zudem osteoinduktive Eigenschaften und garantiert sowohl beim Bone Splitting wie auch beim externen Sinuslift eine schnelle und sichere Knochenneubildung. Wie in Abb. 15 sichtbar, konnten auf diese Weise eine stabile knöcherne und eine achsgerechte Implantatpositionierung erreicht werden.

Da in diesem Patientenfall die Möglichkeit einer prothetischen Verblockung bestand, konnte die simultane Implantatinsertion durchgeführt werden. Im Falle einer Schaltlücke oder Freiendsituation wären die hier gewählten Implantatdurchmesser hinsichtlich ihrer Stabilität nicht ausreichend gewesen. Die primäre Verblockung der Implantate wird zu einer Vergrößerung der funktionellen Gesamtoberfläche und somit zu einer gleichmäßigen Verteilung der Kaukräfte auf die Implantate führen. Das gewählte Behandlungsprotokoll führte trotz stark kompromittiertem Knochenlager zu einer schnellen und suffizienten, festsitzenden, implantatgetragenen Versorgung.

Autor

Dr. med. dent. Christopher Hermanns

  • 2003 Ausbildung zum Zahntechniker
  • 2010 Examen und Promotion an der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
  • 2010 Assistenzzeit in zahnärztlicher Praxis
  • 2012 Gemeinschaftspraxis Dr. Masur, Märkle, Dr. Hermanns
  • 2012 Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie (BDIZ)
  • 2016 Spezialist für Implantologie (EDA)
  • Seit 2017 zahnärztlicher Leiter Masur MVZ GmbH
  • Referent für Implantologie und Prothetik

dr.hermanns@masur-implantatzentrum.de

www.masur-implantatzentrum.de