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Sofortimplantation und Sofortversorgung im Oberkiefer-Frontzahnbereich mit dem „Chairside-Abutment“

Eine Fallstudie von Jonas Lehner und Eberhard Donhauser

Die Sofortimplantation mit Sofortbelastung ist eine seit vielen Jahren etablierte Therapieform, die bei richtiger Indikation zu vorhersagbaren Ergebnissen führt. Vorteile sind der gesteigerte Patientenkomfort bei maximal möglicher Reduktion der Morbidität [1,2].
In diesem Fallbericht wird unter Verwendung des neuen Straumann BLX-Implantates die Methode des „Chairside-Abutments“ vorgestellt, bei der v.a. die Anwendung der digitalen Techniken dem Team aus Praxis und Labor die Etablierung eines standardisierten Workflows unter Einhaltung der gebotenen hygienischen Richtlinien für Medizinprodukte ermöglicht.

Ausgangslage

Die 50-jährige Patientin (Nichtraucherin) stellte sich mit subakuten Beschwerden der beiden oberen Einser in unserer
Praxis vor. Der bestehende ca. 25 Jahre alte Zahnersatz war schon einige Jahre zuvor als insuffizient eingestuft worden (Abb. 1). Bei einer Neuversorgung im Sinne einer Gesamtplanung wären beide Einser wahrscheinlich zu extrahieren gewesen.

Aufgrund einer insuffizienten Stiftversorgung sowie einer Wurzelspitzenresektion alio loco war nicht klar, ob und welche Zähne erhaltungswürdig sein würden (Abb. 2). Die Patientin lehnte die Entfernung der alten prothetischen Versorgung daher in der Vergangenheit stets ab. Einige Jahre zuvor war sie parodontologisch erfolgreich behandelt worden und zeigte sich in der Folge äußerst motiviert im Recall.

Diagnostik

Die röntgenologische und klinische Ausgangssituation in regio 11 und 21 sowie der dicke gingivale Phänotyp ließen auf ideale Bedingungen für eine Sofortimplantation schließen. Die Patientin zeigte eine niedrige Lachlinie. Die Kronen der Nachbarzähne waren teilweise mit insuffizienten Zahnhalsfüllungen versorgt worden und wiesen Rezessionen auf. Die Schaltlücke regio 46 sollte mit einem Einzelzahnimplantat versorgt werden.

Behandlungsplanung

Im Zuge der Gesamtplanung sollten die beiden Freiendbrücken im I. und II. Quadranten erneuert sowie die Zähne 11 und 21 mittels Sofortimplantaten ersetzt werden. Diese würden zunächst mit Langzeitprovisorien versorgt werden. Direkt im Anschluss an die Implantation sollten im Labor die definitiven individuellen Abutments hergestellt werden, um umgehend mit gefrästen Kronen aus Komposit temporär versorgt zu werden. Aufgrund der vorliegenden horizontalen Atrophie war regio 46 simultan mit der Implantation eine GBR mit Knochenersatzmaterial

Chirurgisches Verfahren

Nach einem Vorscan (Trios, 3Shape) wurden die bestehenden Freiendbrücken im I. und II. Quadranten entfernt (Abb. 3). Nach einem Scan der präparierten Pfeiler erfolgte chairside die Anfertigung von Komposit-Brücken für die Zähne 12 auf 15 und von den Zähnen 22 auf 25 (Abb. 4).

Die Implantation fand unter Lokalanästhesie sowie antibiotischer Prophylaxe statt. Nach Extraktion der Zähne 11 und 21 (Abb. 5) zeigten sich intakte Alveolen. Die Präparation des Implantatstollens erfolgte frei Hand in die palatinale Alveolenwand (Abb. 6). Es wurden zwei BLX-Implantate (Straumann) mit jeweils 3,75 mm Durchmesser und einer Länge von 16 mm bei ca. 50 Ncm mit ausreichend Abstand zur bukkalen Lamelle eingebracht (Abb. 7-10). Eine Auffüllung des Spaltes zwischen Implantat und bukkaler Lamelle mit Knochenersatzmaterial war nicht nötig. Nach Einbringen zweier Scanbodies (Abb. 11) erfolgte unter Verwendung des Vorscans der Scan der Implantatpositionen. Temporär wurden die Implantate mit Gingivaformern verschlossen. Regio 46 erfolgte die Implantation mit GBR und geschlossener Einheilung.

Labside

Im Labor erfolgte die Transferierung der Scan-Daten in Dentalwings (Abb. 12). Der Ausgangsscan und der Implantatscan wurden gematcht. Mit diesen Daten konnten zwei Zirkonabutments auf Klebebasis (Variobase) konstruiert werden [3,4] (Abb. 13). Das Emergenzprofil wurde konkav an der Schulter der Variobase und konvex im Bereich der marginalen Gingiva gestaltet. Nach dem Fräsvorgang der Rohlinge erfolgte im Schnellsinterverfahren (2,5 Std.) die Herstellung zweier Zirkonabutments und die Verklebung auf den Variobases.

Parallel wurden zwei provisorische Kronen aus Komposit konstruiert und gefräst (Abb. 14-16). Unter der Maßgabe, die Abutments als Medizinprodukt „kritisch B“ einzusetzen, wurde ein standardisiertes Abutment- Reinigungsverfahren angewendet und ein Sterilisationszyklus (Schnellprogramm) gefahren. Am gleichen Tag, ca. sechs Stunden nach der Implantation, konnten die Abutments eingeschraubt werden (Abb. 17). Im Anschluss wurden die beiden temporären Kronen eingesetzt (Abb. 18). Kontakte in statischer und dynamischer Okklusion wurden entfernt, bzw. die Führungsflächen an den Palatinalflächen der Langzeitprovisorien mit Komposit leicht aufgebaut, um Kontakte der beiden Einser in dynamischer Okklusion auszuschließen. Die Heilung gestaltete sich komplikationslos. Der Patientin wurde weiche Kost für die nächsten zehn Wochen verordnet.

Prothetisches Verfahren und Ergebnis

Die Patientin zeigte sich mit dem provisorischen Ergebnis und dem Ablauf sehr zufrieden (Abb. 19). Fünf Monate nach der Implantation erfolgte die Freilegung des Implantats regio 46. Die Implantate regio 11 und 21 waren zu diesem Zeitpunkt regelrecht osseointegriert (Abb. 20). Wie bei einer Sofortim- plantation mit Sofortversorgung zu erwarten ist, stellte sich ein minimaler Rückgang der Weichgewebskontur ein. In diesem Fall lag dieser vestibulär deutlich unter einem Millimeter. Im Bereich der mesialen Papillenspitze lag dieser bei ca. 1,5 mm, was bei der Entfernung zweier benachbarter Zähne in dieser Weise zu erwarten ist (Abb. 21). Ohne die Abutments nochmals zu entfernen, wurden diese intraoral minimal nachpräpariert, um die Abutmentschulter auf isogingivales Niveau zu verlegen (Abb. 22). Nach Entfernung der Langzeitprovisorien wurde auf der Basis der Vorscans die neue Situation abgescannt. Der Scan des Implantates 46 erfolgte mit der Hilfe eines Scanbodies.

Nach einer Ästhetikeinprobe wurde die finale Restauration mit einem mit Sinterkeramik verblendeten Zirkongerüst angefertigt. Die Seitenzähne wurden wie ursprünglich mit Anhängerbrücken mit distalen Extensionen versorgt. Es erfolgte eine konventionelle Zementierung. Erfreulicherweise waren wir in der Lage, die Erwartungen der Patientin hinsichtlich Funktion und Ästhetik zu übertreffen (Abb. 23, 24).

Diskussion

Die Sofortimplantation mit Sofortversorgung von Einzelzähnen ist eine gut dokumentierte Therapieform. Hierbei ergibt sich die Option, gingivale Strukturen nach dem Konzept „one abutment – one time“ maximal zu erhalten [5,6]. Angelehnt an das „Copy-Abutment“ [3,4] legen die Autoren beim hier vorgestellten Work- flow des „Chairside-Abutments“ Wert auf seinen Einsatz als primärer Wundverschluss und somit als Medizinprodukt kritisch B nach RKI. Ein standardisierter und reproduzierbarer Reinigungsprozess sollte demnach einem Sterilisationsprozess vorangehen [8].

Durch die Verwendung des BLX-Implantates erhält der Behandler größtmögliche Sicherheit bei der Erzielung der nötigen Primärstabilität für die vom Patienten erwartete Sofortversorgung. Die Alternative, Abutments präoperativ herzustellen und nach fully guided-Implantation zu verwenden, würde einen massiven Verlust an Präzision bedeuten, welcher in dieser Therapieform unweigerlich zum ästhetischen Misserfolg führen würde, da sich die Implantatposition bei unterdimensionierter Aufbereitung innerhalb der Alveole naturgemäß nicht verlässlich umsetzen lässt. Ein Rückgang der mesialen Papille war in dieser Weise erwartet worden, wäre aber bei Anwendung konventioneller Techniken als noch höher anzunehmen [7] gewesen.

Durch die konsequente Anwendung der digitalen Technik wird es möglich, die standardisierte Herstellung eines aufgereinigten und sterilisierbaren Medizinprodukts innerhalb eines sehr engen Zeitkorridors zu gewährleisten. Die Anforderungen an die Implantatversorgung, die hinsichtlich Form, Funktion und Langlebigkeit gestellt werden, konnten in diesem Fall erfüllt werden.

Autoren

Dr. med. dent. Jonas Lehner

  • 2000-2005 Studium der Zahnmedizin an der Universität Regensburg
  • 2006-2008 Assistenzzeit
  • 2008-2011 Weiterbildungsassistent „Oralchirurgie“/Privatassistent bei Herrn Prof. Dr. Dr. Dr. Helmut H. Lindorf in Nürnberg; Praxis für Mund-, Kiefer-,Gesichtschirurgie
  • 2011 Fachzahnarzt Oralchirurgie
  • 2012-2013 Praxis für Oralchirurgie Amberg, Dr. Roman Krammer & Kollegen
  • Seit Dezember 2013 niedergelassen in eigener Praxis in Regenstauf
  • Tätigkeitsschwerpunkte: Implantologie, Parodontologie
  • Schwerpunkte: Implantatchirurgie, Sofortbelastung

info@dr-lehner-regenstauf.de
www.dr-lehner-regenstauf.de

ZTM Eberhard Donhauser

  • Seit 1982 Tätigkeit als Zahntechniker
  • 1994 Erfolgreiche Prüfung zum Zahntechnikermeister
  • Schwerpunkt auf ästhetische prothetische Versorgungen und CAD/CAM-Restaurationen
  • 2002 Gründung des zahntechnischen Labors dentitec GmbH in Amberg
  • Spezialisierung auf komplexe Prothetik und maxillofaziale Rehabilitationen

info@dentitec.de

www. dentitec.de