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Dreidimensionale Planung und schablonengeführte Versorgung mit sofortbelasteten Mini-Implantaten

Die Digitale Volumentomografie (DVT) und technologische Verbesserungen auf Seiten der Software-Hersteller führten dazu, dass implantologische Eingriffe immer häufiger virtuell geplant und schablonengeführt erfolgen können. Der vorliegende Fallbericht zeigt, dass diese Diagnose- und Planungsinstrumente auch bei Versorgungen mit Mini-Dentalimplantaten (MDI-Implantatsystem, Condent) erfolgreich eingesetzt werden.

Implantate mit konventionellem und breitem Durchmesser von 3,0-7,0 mm eignen sich häufig nicht zum Einsatz im stark atrophierten Alveolarkamm. Sie können nur verwendet werden, wenn flankierende Maßnahmen zur Augmentation des Kieferknochens erfolgen. MDI Implantate (Condent) hingegen können infolge ihres geringeren Durchmessers von 1,8-2,4 mm bei Patienten mit einem reduzierten Knochenangebot eingesetzt werden.

Therapieplanung

Die 90-jährige gesunde Patientin sollte zur Verbesserung der Kieferrelation und Okklusion in Ober- und Unterkiefer mit neuem Zahnersatz versorgt werden. Mit Ausnahme des noch im Mund befindlichen Zahnes 33 war sie in beiden Kiefern zahnlos. Im Unterkiefer sollten in regio 32, 31, 41 und 43 vier einteilige MDI aus Titan verwendet werden, um die Prothese ausreichend zu stabilisieren. Für die virtuelle Planung der Implantatpositionen wurde zunächst eine neue Unterkieferprothese mit punktförmigen radioopaken Markierungen hergestellt. Mit der Prothese in situ wurde anschließend eine DVT erstellt, um die DVT-Daten mit den späteren DI- COM-Daten des Laborscans der Prothese überlagern zu können. Die dreidimensionale Planung der Implantatpositionen wurde mit der 3 Diemme-Software (Cantú, Italien) durchgeführt. Vier MDI Implantate (Condent) mit einer Länge von 13,0 mm und einem Durchmesser von 2,1 mm sollten interforaminal eingesetzt werden (Abb. 1, 2). Die Verankerung der prothetischen Suprakonstruktion sollte über das systemeigene kugelförmige Attachment erfolgen.

Chirurgisches Vorgehen

Die Präparation des Implantatbetts erfolgte navigiert mit einer Bohrschablone, die mittels 3D-Druck im Dentallabor hergestellt wurde. Labial werden i. d. R. Bohrungen für zwei Knochen- schrauben angebracht, um auf diese Weise die Bohrschablone während der Implantatpräparati- on zu fixieren und um eine Dislokation zu verhindern (Abb. 3).
Für das Mini-Implantat mit dem Durchmesser 2,1 mm bietet der Hersteller ein Set an, das aus zwei Pilotbohrern mit dem Durchmesser von 1,1 mm und 1,3 mm besteht. Die Bohrersets werden in zwei Längen angeboten, die entweder ein Drittel oder die Hälfte der Länge des jeweiligen Implantatgewindes betragen. Bei hoher Knochendichte wird der längere Pilotbohrer zur Präparation eingesetzt.

Der chirurgische Eingriff wurde mit der Extraktion des letzten verbliebenen Unterkieferzahns 33 begonnen. Anschließend wurde die Bohrschablone platziert. Aufgrund der hohen Knochendichte im interforaminalen Bereich des Unterkiefers wurden beide Pilotbohrer nacheinander zur Vorpräparation eingesetzt und die Bohrung nicht nur auf ein Drittel des Implantatgewindes, sondern bis zu einer größeren Tiefe von 10,0 mm durchgeführt (Abb. 4). Die Bohrungen wurden entsprechend der Herstellerangaben mit 1.200 U/min durchgeführt. Die Implantatschablone wurde nicht mittels Knochenschrauben fixiert, sondern mittels Fingerdruck und dem 1,1 mm-Pilotbohrer in situ durch das Bohrloch in regio 31 (Abb. 5).

Die anschließende Insertion der Classic O-Ball-Implantate (Condent) erfolgte aufgrund des breiteren Durchmessers der Implantate im Halsbereich nicht mit der Schablone in situ, sondern freihändig. Die Implantate wurden zunächst mit der Übertragungshilfe eingebracht und vorverschraubt (Abb. 6). Anschließend erfolgte die Insertion des Implantats mit einem flügelförmigen Steckschlüssel (Abb. 7) und zuletzt mit der Drehmomentratsche (Abb. 8). Ein maximaler Torque von 45 Ncm wurde dabei nicht überschritten, um eine potenzielle Schädigung des periimplantären Knochens zu verhindern. Abschließend erfolgten die klinische und die röntgenologische Kontrolle (Abb. 9, 10).

Diskussion

Die Vorteile von Mini-Implantaten liegen insbesondere in ihrer Minimalinvasivität, der kürzeren Operationsdauer und den geringeren Kosten. Vor allem eignen sich diese Implantate zur Insertion im kompromittierten Kieferknochen und zur Versorgung gering belastbarer multimorbider und/oder älterer Patienten. Allerdings gibt es bislang noch keine allgemeingültige Definition, ab bzw. bis zu welchem Durchmesser es sich um ein Mini-Implantat handelt [1]. Daher müssen die Aussagen zu den Überlebens- und Erfolgsraten implantatprothetischer Versorgungen mit Mini-Implantaten immer unter Berücksichtigung des jeweilig verwendeten Implantatdurchmessers kritisch überprüft werden. Wir verwendeten in unserem Patientenfall einteilige Titan-Implantate mit einem reduzierten Durchmesser von 2,1 mm und einem Kugelkopfattachment.

Aus der Literatur ist bekannt, dass mit dieser Versorgungsform eine hohe Patientenzufriedenheit erzielt wird [3,6]. Wir wählten ein Sofortbelastungsprotokoll, da mittels vier interforaminal platzierten Mini-Implantaten eine ausreichende primärstabile implantatprothetische Versorgung möglich ist [10]. Die digitale Planung der Implantatpositionen und der Einsatz einer schleimhautgelagerten Bohrschablone führen zu einem vorhersehbaren Behandlungsergebnis [5,7,12] und zu einer geringeren Belastung des Patienten, da ohne Bildung eines Mukoperiostlappens vorgegangen werden kann [7]. Es wird auch angenommen, dass eine lappenlose Implantatinsertion zu geringeren Knochenverlusten und besseren Ergebnissen im Weichgewebe führt [8,11]. Patienten mit Versorgungen auf Mini- Implantaten – insbesondere beim Einsatz von Kugelkopfattachments – sollten in regelmäßigen Recalls kontrolliert werden, um das Risiko der Reparaturanfälligkeit zu reduzieren [2,6,9]. Mit Blick auf die hohen Überlebensraten von Mini-Implantaten [4] und dem hohen Patientenkomfort wurde diese Versorgungsform bei diesem Patienten erfolgreich eingesetzt.

Autor

Dr. Ioana Datcu

  • 2007 Auszeichnung nach Abschluss des Studiums an der Universität Modena sowie Reggio Emilia, Italien
  • 2017 Mitglied der Leading Ladies in Dentistry (LLD)
  • 2018BoardMemberdesitalienischen Verbandes der Digital Dentistry Society
  • 2018 Mitglied der Young Italian Acade- my of Osseointegration, IAO
  • 2018 Aktives Mitglied des DDR Educa- tion Program in Zusammenarbeit mit dem DentalXP und New York University (NYU) College of Dentistry

datcu.ioana@gmail.com
www.studioagnini.it