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Prothetische Optionen: Zu hochgeschraubt oder festzementiert?

Je nach prothetischer Produktpalette der Verbindungselemente von Implantatsystemen können Patienten aus unterschiedlichen Suprakonstruktionen von der Deckprothese bis zur digital erstellten individuellen Einzelkonstruktion auswählen. Unterschiedliche Faktoren wie das Implantatdesign, die Position des Schraubenkanals, die prothetische Implantatachse, die Verbindung von Abutment und Implantat sowie eine Möglichkeit der Reparatur der Suprakonstruktion bei Bruxismus-Patienten spielen eine Rolle bei der Entscheidung, ob verschraubt oder verklebt wird.

Im aktuellen Patientenfall suchte uns der Patient mit drei mehrfach vorbehandelten Seitenzähnen auf. Die Zähne wiesen in der klinischen zahnärztlichen Untersuchung Lockerungsgrade von I-II auf, der Patient berichtete von Schmerzen beim Kauen und einem ‚komischen Geschmack im Mund‘. Im OPG zeigte sich, dass die wurzelgefüllten Zähne 35-37 nach einem OPG apikale Aufhellungen aufwiesen, die auf teils umfangreiche periapikale Knochenresorptionen hindeuteten (Abb. 1). Sie konnten nicht erhalten werden und mussten extrahiert werden (Abb. 2).

Nach Aufklärung über die prothetischen Möglichkeiten entschied sich der Patient gegen eine konventionelle Brückenversorgung auf den Restzähnen. Er zog eine Versorgung mit drei Implantaten in Erwägung, wenn der Knochen ausreichend wäre. Wenn nicht, wünschte er den Ersatz der Pfeilerzähne durch zwei Implantate regio 35 und 37 und eine implantatgetragene Brückenrekonstruktion aus Zirkonoxid mit Keramik verblendet. Je nach Heilung und im Zuge der Entzündungsaktivität zu erwartenden Knochenresorption sollten anschließend – ca. zwei bis drei Monate später – die Implantate gesetzt werden.

Chirurgisches Vorgehen

Zweieinhalb Monate später wurden in einer Röntgenmessaufnahme die optimalen Implantatpositionen bestimmt (Abb. 3). Die nach Knochenresorption verminderte periimplantäre Knochenhöhe sollte unter mechanischen und mikrobiologischen Aspekten mittels der verwendeten Implantat- Abutment-Verbindung ausgeglichen werden. Zunächst galt es, anhand der Knochenqualität ein geeignetes Implantatsystem auszuwählen. Dabei stand die Primärstabilität im kompromittierten Knochen im Fokus. Die Wahl fiel auf das Bluediamond Implantat (Megagen). Es weist eine ausgezeichnete Primärstabilität bei jeder Knochendichte auf, seine Oberflächenbeschichtung (XSpeed Oberflächenbehandlung) entspricht der des erfolgreichen Megagen Anyridge Implantats. Die möglichen Gewindeprofile inklusive des gerundeten und schmalen Gewindedesigns (KnifeThread) ermöglichen eine gute Osseintegration ohne Spannung und eine gute Primärstabilität auch in mittlerer Knochenqualität.

Im ersten Schritt wird der Kieferkamm mit einem midkrestalen Schnitt eröffnet, die Schleimhaut freipräpariert und der Knochen eröffnet (Abb. 4). Es wurden drei Vorbohrungen initiiert, aufgrund des Knochens sollten aber nur die Bohrungen regio 35 und 37 bestehen bleiben (Abb. 4, 5). Die Bohrungstiefe und Einschubrichtung wurde nach dem finalen Bohrvorgang kontrolliert (Abb. 6), bevor die beiden Bluediamond Implantate mit ø 4,8 (regio 37) und ø 4,1 (regio 35) und je zehn Millimeter Länge (Megagen) nach Fotofunktionalisierung mit der Plasmalampe (Megagen) biologisch aktiviert inseriert wurden (Abb. 7-9). In der abschließenden Röntgenkontrolle wurden die Positionen der Implantate kontrolliert (Abb. 10) und der Operationssitus nach Belegen der Implantate mit PRF-Clots (mectron) (Abb. 11) spannungsfrei mit Nähten fixiert (Abb. 12).

Drei Monate nach Implantatinsertion wurde der OP-Situs wiedereröffnet (Abb. 13). Vorsichtig wurden die Gewebeschichten abpräpariert (Abb. 14) und die Gingivaformer eingeschraubt. Mittels einer Vestibulumplastik und eines gesplittenen, bukkal mit Nähten fixierten Lappens (Abb. 15, 16) wurde die notwendige periapikale Schleimhaut verbreitert. Abschließend erfolgte erneut eine Röntgenkontrolle (Abb. 17), um den knöchernen Heilungsverlauf zu dokumentieren. Vier Wochen später wurden die Gingivaformer entfernt (Abb. 18), um eine erste Abformung zu nehmen. Zuerst wurden die Abformpfosten in die Implantate geschraubt (Abb. 19), dann eine weitere Röntgenkontrolle angefertigt (Abb. 20), um nach Bestätigung der erfolgreichen Positionierung und Osseointegration der Implantate (Abb. 21, 22) die beiden Abformpfosten im Mund miteinander zu verbinden. Dazu wurden die Implantataufsätze zunächst mit Kunststoff verbunden und in ihrer Position zueinander fixiert. Anschließend wurde dies geröntgt (Abb. 23), im Mund getrennt und ins Dentallabor (fischertechnic-dental, Pullach) transferiert. Dort wurde nach Übertragung auf ein Gipsmodell die getrennte Kunststoffbrücke auf Implantatanaloge übertragen, passgenau aneinandergelegt und erneut fixiert. Darauf wurde ein individueller Abformlöffel für eine offene Abformung über die Abformpfosten hergestellt (Abb. 24, 25). Nach einer Farbauswahl (Abb. 26) sollten zunächst die geeigneten Abutments ausgewählt werden. Die prothetische Produktpalette des Bluediamond Implantatsystems bietet eine Vielzahl von Abutmentgrößen und -designs, die allen klinischen Anforderungen gerecht werden. 

Diese können dank doppeltem Platform Switch und einer konischen, nicht klemmenden, steilen 15°-Innenverbindung und eine doppelt fixierten Innenstruktur langzeitstabil mit den Abutments verbunden werden.

Im vorliegenden Patientenfall sollten individuelle Abutments aus Zirkonoxid auf einer Titan-Klebebasis angefertigt und weitere drei Wochen später eingeschraubt werden (Abb. 27, 28). Im Seitenzahnbereich ist die Widerstandsfähigkeit des Implantat-Abutment-Verbundes, etwa gegen Kau- und Scherkräfte, von großer Bedeutung. Die bei diesem System mögliche genaue Positionierung vermeidet eine Fehlbelastung, verhindert Lockerungen des Abutments und damit mögliche Frakturen im Bereich der Implantat-Abutment-Verbindung.

Zur Wahl wurden dem Patienten je eine verschraubte implantatgetragene Brückenversorgung (Abb. 29, 30) und eine verklebte Brückenversorgung angefertigt (Abb. 31). Obwohl die Schraubenkanäle innerhalb der Kaufläche nicht störten, entschied der Patient sich für die verklebte Brückenversorgung (Abb. 32), mit der er sich ästhetisch bestens versorgt fühlte.

Autor

Dr. med. dent. Peter Randelzhofer

randelzhofer@icc-m.de

www.icc-m.de